Einleitung
Das Jahr 2022 begann, sagen wir mal, dezent beschissen. Ich lag am 01.01.2022 im Bett mit Corona, hatte den siebten Tag Quarantäne hinter mir, meine Haut war komplett aufgekratzt und der Juckreiz nachts, zusätzlich auf das Fieber und das grundsätzliche Unwohlsein der Erkrankung, war kaum auszuhalten. Die Symptome von Corona waren bei mir vergleichsweise nichts besonderes. Ich war platt, schlief täglich zwischen 14 und 16 Stunden, Stimme war angeschlagen, ich hatte leichten Husten und hatte die ersten Tage Fieber. Was aber krass wirkte, war meine Reaktion auf die Quarantäne, auf das Gefühl eingesperrt zu sein. Ich war unglaublich wütend und ließ das komplett an meinem Körper aus, wie so oft schon in meinem Leben.
Ich unterdrückte Emotionen, die ich als „negativ“ gebrandmarkt hatte. Ich unterdrückte Emotionen, die dazu führten, dass ich die Kontrolle verlor. Kontrollverlust war ein Wort, dass ich nicht mal denken wollte. Corona war ein Witz gegen das, was psychisch bei mir abging, in den ersten zehn Tagen des Jahres 2022. Als es mir körperlich besser ging, konnte ich wieder etwas Yoga praktizieren und meditieren. Nun saß ich da am 03.01.2022 und meditierte. Ich fragte mich, wie ich denn nun endlich diese krassen Schübe meiner Neurodermitis in den Griff bekommen könnte. Da sprach meine innere Stimme, nennt sie gerne Intuition oder Bauchgefühl, und sagte zu mir: „Der Schlüssel zu deiner vollständigen Heilung ist deine Weiblichkeit.“ – Achso. Okay. Und das bedeutet dann genau was? Wie so oft, bekam ich einen Hinweis oder einen Ratschlag aus meinem Inneren und konnte erst mal nichts damit anfangen.
Ich beschloss mich bewusst, unterbewusst war es ja bereits entschieden, mit meiner Weiblichkeit auseinanderzusetzen und mich auf alternativer Ebene um meine Haut und meine Seele zu kümmern. Menschen, die mir immer sagten: „Die Haut ist der Spiegel der Seele“, haben offenbar keine Ahnung, wie sehr sie damit Recht haben und warum kein Kortison und keine Creme dieser Welt wirklich die Ursache behandeln kann, weswegen diese Schübe kommen. In diesem Jahresrückblick geht es nicht nur um meine Haut oder meine Seelenthemen, das war auch nur der Startschuss zu einer Entwicklung, die ich am 03.01.22 nicht ansatzweise für möglich gehalten hätte. Als ich mir das Ziel setzte beschwerdefrei zu sein bis Ende 2022, hätte ich nie gedacht, was ich damit alles lostreten …
Mein Rückblick auf meine eigenen Ziele für 2022
Ich hatte einige Ziele für 2022, die Wichtigsten mit der höchsten Priorität teile ich gerne mit euch:
- Heilung meiner Haut
- Studium abschließen
- Mehr Entspannung und Frieden in mein Leben bringen
- Online Business starten – genaues Ziel war: 2.000€ Umsatz mit digitalen Produkten machen
- Meinen ersten Onlinekurs veröffentlichen
- Mein Buch „Was machen Sie eigentlich beruflich?“ rausbringen
Was aus den Zielen wurde? Darum geht es in meinem Jahresrückblick. Viel Freude beim Lesen.
Mein Jahresrückblick 2022
Weiblichkeit als Schlüssel?
Nun schreibe ich ihn also. Den wohl persönlichsten und intimsten Teil meines Jahresrückblicks. Ich habe lange überlegt, ob ich nicht einfach von meinen beruflichen Erfolgen und Learnings berichten soll und damit ist es gut. Das Problem ist: Ich möchte weiterhin ehrlich und authentisch sein und meine Schattenseiten nicht verbergen, zumal ich feststellen durfte, dass das eins der größten Auslöser war der meinen gesundheitlichen Zustand immer wieder in den Abgrund beförderte. Unterdrückung meiner Emotionen und fehlende Abgrenzung.
Ich nehme euch kurz mit in meinen Alltag, als ich diesen Blog 2019 gestartet habe. Ich war Meisterin darin mich um alle zu kümmern, nur nicht um mich selbst. Ich war Meisterin darin, sehr viel zu arbeiten und zu leisten – ohne richtige Pausen. Ich war Meisterin darin, sehr viel Energie bereitzustellen für Menschen und Situationen, mich dabei aber nicht gefragt, ob ich das überhaupt will. Wollen? Was soll ich schon wollen? Wen interessieren meine Bedürfnisse? Ich helfe anderen dabei ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und zu kommunizieren, aber kann es selbst nicht. Ich helfe anderen dabei, für sich selbst einzustehen, tue es aber selbst nicht. Ich erzähle anderen, wie sie ihr Leben organisieren können und meins bricht unter dem hohen Druck, den ich mir überwiegend selbst gemacht habe, zusammen. Wenn mich Menschen verletzt haben, habe ich das hingenommen, ich wollte sie nicht verärgern. Wenn ich etwas nicht tun wollte, habe ich es trotzdem getan, ich wollte nicht ausgegrenzt werden. Ich hatte Angst, dass mich jemand nicht mehr mag, wenn ich „Nein“ sage, denn es müssen mich natürlich alle Menschen mögen, denn ich ertrage Konflikte nicht. Ich hatte so eine Panik allein zu sein, welche aus verschiedenen traumtischen Erlebnissen gefüttert wurde.
Weißt du was für mich ein Fremdwort war? Abgrenzung! Gesunde Abgrenzung. Und weißt du welches Organ unseres Körpers für die Abgrenzung zuständig ist? Die Haut. Menschen, die Hauterkrankungen haben, kennen diese Problematik, die ich gerade beschrieben habe. Der Game Changer in meinem gesundheitlichen Spießrutenlauf war der Blog: Zauberhaut von Lydia. Ihr Buch, ihr Podcast und ihr Blog waren der Startschuss für meine Heilung. All die Themen, die ich hatte, waren dort beschrieben, ich dachte ich stehe im Wald. Eine Erkenntnis nach der anderen flog mir um die Ohren. Ein klares Nein auszusprechen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, diese Erfahrung durfte ich auf einem Retreat im Mai 2022 machen.

Wenn ich auf diesem Bild meine Haut sehe, laufen mir schon wieder die Tränen. In den zwei Jahren zuvor habe ich mir so gewünscht, dass meine Haut wieder so aussehen würde. All die Entscheidungen und „Neins“, die ich im Jahr 2022 ausgesprochen und gefällt habe, sind Grund dafür, dass es mir heute so gut geht. Wenn meine Seele mir etwas mitteilen möchte, kommuniziert sie immer noch über die Haut, das ist vollkommen in Ordnung. Was hat das Thema Abgrenzung aber jetzt mit meiner Weiblichkeit und weiblicher Energie zu tun? Meine innere weibliche Klarheit und Stimme, die meisten nennen sie Intuition, kannte ich schon. Drauf gehört habe ich zwar selten, aber ich kannte diese Stimme. In meine weibliche Kraft zu kommen, die ich so lange unterdrückt habe, genauso wie ich Emotionen wie Wut, Ärger und Zorn nicht fließen ließ, war der absolut krasseste Schritt in meiner bisherigen Entwicklung.
Die Glaubenssätze alle gehen zu lassen, warum ich ein „braves Mädchen“ sein muss, „sowas machen Frauen nicht“ bis hin zu „ich möchte meine Weiblichkeit nicht leben, um Männern keine Projektionsfläche zu bieten“, die durften alle auf den Scheiterhaufen, auf dem ich sie verbrannt habe. Der wilde, weibliche Anteil in mir, den ich so lange im Schatten hielt, vor dem ich so eine Angst hatte, ist heute einer meiner liebsten Anteile. Ich bringe ihn täglich zum Vorschein, in dem ich mich kleide wie ich will, sage was ich will und was nicht, klare Grenzen setze, es mir am Ar*** vorbei geht, was andere von mir denken, meine Sexualität so lebe wie ich will, meinen Körper liebe und wertschätze, mich um mich selbst kümmere, mein Licht nicht dimme, sondern volle Breitseite zu scheinen und meine Energie für mich nutze und nicht für andere.
Ich bin kein braves Mädchen und es ist mir auch egal, ob Menschen in meinem Umfeld sagen oder denken, das sich sowas nicht gehört, ich mich so nicht zeigen sollte oder was auch immer. Was Paul über Peter sagt, sagt mehr über Paul als über Peter. Ich gebe einen Sch*** darauf, ob Leute mich toll finden oder nicht, ich muss niemandem gefallen, zu allererst darf ich mir selbst gefallen. Niemand hat das Recht über meine Grenzen zu spazieren. Niemand sagt mir was ich zu tun und zu lassen habe. Wenn ich dann doch alleine wäre, was ich nicht bin, dann wäre es jetzt sehr schön da, denn da sind so wundervolle Anteile in mir, die mich unterstützen und mir Energie geben. Kein Anteil in mir wird mehr unterdrückt. Keine Emotion in mir wird mehr unterdrückt. Wenn ich weinen will, dann weine ich. Wenn ich das Bedürfnis habe jemandem aus Maul zu hauen, geh ich zum Boxsack und stelle mir vor, der Person aufs Maul zu hauen und lasse all das raus. Wenn ich vor etwas Angst habe, dann laufe ich davor nicht weg, ich beschäftige mich damit, es ist okay! Jede Emotion ist willkommen. Und die wichtigste Erkenntnis aus dieser Zeit:
„Ein Nein ist ein vollständiger Satz!“
Ich bin niemandem eine Erklärung schuldig, warum ich etwas nicht machen will. Wenn ich es erklären möchte, kann ich das tun. Aber ich muss nicht. Ich muss gar nichts. Ich kann. Ich möchte. Ich darf. Aber ich muss nicht!
Flöte mal anders
Wie ihr wisst habe ich Flöte studiert, sowohl künstlerisch als auch pädagogisch. Ich unterrichte seit meinem 14. Lebensjahr. Ich unterrichte und vermittele für mein Leben gerne Musik und besonders Flöte! Anfang diesen Jahres dachte ich, ich würde so gerne mehr Menschen mit meinem Wissen und meiner Leidenschaft erreichen und habe schon so lange die Idee von Online Content in Form von Onlinekursen, Webinaren, Workshops etc. Mein Podcast und YouTube Kanal Flöten Fragen war der Startschuss dafür. Im Januar diesen Jahres beschloss ich dann eine Webinarreihe zu starten, einfach mal zu schauen, wie die so angenommen wird, ob das Menschen interessiert und bereit sind dafür Geld auszugeben. Da ich einige sehr vielschichtige Ansätze für technische Probleme auf der Flöte habe, nannte ich die Reihe „mal anders“. Was dabei herauskam? Atmung mal anders, Ansatz mal anders, Technik mal anders und Intonation mal anders.

Für wen diese Webinare und Online Angebote grundsätzlich sind? Ich habe die nicht für „blutige Anfänger*innen“ konzipiert, sondern einerseits für Musiker*innen im Hobbybereich, die Grundlagen wiederholen möchten, sich weiterentwickeln wollen und Input brauchen. Anderseits für Pädagog*innen, da ich auch didaktische Impulse gebe, wie man diese Themen im Unterricht thematisieren kann. Ich war anfangs noch etwas unsicher, wurde aber mit der Zeit immer klarer, wie genial das Konzept ist, Wissen in Form von Videos als Workshop oder Vortrag meinerseits aufzuzeichnen und die Menschen, die das buchen, können sich es zu jeder Zeit (auch mehrfach) ansehen, mit mir darüber in den Austausch gehen. All das ohne Seminaraufenthalt und Fahrtkosten. Ich habe für das kommende Jahr so viele Ideen in diesem Bereich und freue mich auf viele weitere Webinare und Workshops für Flötist*innen. Der Glaubenssatz, das würde Online nicht funktionieren, habe ich über Bord geworfen und einiges an Geld damit umgesetzt, was mich nur bestätigt darin, dass es Interessent*innen gibt und wo es Nachfrage gibt, da gibt es auch Angebote.
Buchveröffentlichung
Im März 2022 war es soweit. Ich veröffentlichte mein Buch „Was machen Sie eigentlich beruflich?“, als gedruckte Version im Eigenverlag, als E-Book und als Hörbuch. Ich bekam so viele Fragen, als ich das erste Mal darüber gesprochen habe, warum ich das Buch schreibe und für wen es gedacht ist. Das Warum ist einfach erklärt: Weil ich auf die Fragen, die wir Musiker*innen häufig gestellt bekommen, keinen Nerv mehr habe. Weil ich es nicht mehr ertragen konnte, das Menschen unsere Branche nicht verstehen. Weil ich nicht mehr dabei zusehen konnte, wie alle möglichen Berufe als „richtige“ Berufe bezeichnet werden und wir werden gefragt: „Ach, sie sind Musiker*in? Das kann man studieren? Kann man denn davon leben? Was machen Sie denn dann eigentlich den ganzen Tag?“ …

Auf all diese Fragen gibt es in dem Buch antworten. Neben meinen persönlichen Erfahrungen, habe ich das Buch mit vielen Statistiken, Zahlen und Fakten über unsere Branche gefüllt. Wie viel verdienen Musikpädagog*innen als Honorarkräfte eigentlich so? Kann man vom Musikstreaming noch leben? Wie viele Orchesterstellen gibt es denn im orchesterreichen Deutschland?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn Menschen unseren Beruf und unseren Alltag nicht kennenlernen, können sie auch nur mit ihren Vorurteilen darüber rumlaufen. Wenn wir nicht darüber sprechen und nicht laut werden, dann weiß niemand welche Probleme wir in der Branche haben und können auch nicht gemeinsam nach Lösungen suchen. Ich habe so oft innerlich gegen die Politik gewettert, dass die keine Ahnung haben, wie unser Alltag eigentlich aussieht, dabei aber vergessen, dass wir ihnen auch nie wirklich eine Chance gegeben haben es kennen zu lernen. Meiner Meinung nach, sollte jede*r Kultusminister*in dieses Buch lesen, bevor er oder sie das Amt antritt!
Für wen das Buch ist? Auf der einen Seite, habe ich es für all meine Kolleg*innen geschrieben: Ihr seid nicht alleine, mir geht es genauso. Ich halte aber nicht mehr die Klappe, sondern spreche all das aus, auch wenn es wehtut. Auf der anderen Seite ist das Buch für all diejenigen, die etwas über unsere Branche wissen wollen, die verstehen wollen, was wir da eigentlich genau machen. Für Menschen, die immer noch glauben, Musik sei kein „anständiger“ Job und auch nicht systemrelevant (Danke, für dieses bekloppte Wort!). Wir sind sowas von systemrelevant. Persönlichkeitsbildend. Inspiration. Motivation. Wichtig für die mentale Gesundheit von Menschen. Kommunikativ. Wir bringen Menschen zusammen. Wir transportieren Emotionen und Gedanken, zum Teil sogar ohne zu sprechen. Musik ist überall und allgegenwärtig.
Darüber und über viele weitere Themen habe ich in meinem Buch geschrieben. Es zu schreiben hat mich viele Tränen gekostet, es gab Tage an denen dachte ich: „Was mache ich hier noch?“. Irgendwann kam der Punkt an dem ich dachte, ich kann jetzt das Handtuch werfen und die Branche verlassen, das sinkende Schiff Gegen den Eisberg rammen lassen oder ich tue etwas dafür, dass sich etwas ändert. Ich habe mich für Zweiteres entschieden und werde meinen Mund nicht mehr halten, ich werde für die Menschen in meiner Branche sprechen, die es vielleicht selbst nicht können oder sich nicht trauen. Ich habe keine Angst vor Ablehnung oder Konflikten, denn die werden sicher kommen. Ich werde mit diesem Buch und allem, was es in mir ausgelöst hat und mit vielen gleichgesinnten Kolleg*innen das Schiff umlenken und in eine bessere Zukunft schippern lassen.
Flötenfestival 2022 in Wien

Ein wirklich wunderschönes und erleuchtendes Erlebnis für mich, persönlich und beruflich, war das Flötenfestival der Österreichischen Flötengesellschaft in Wien im April 2022. Ich hatte dort eine sehr wichtige und für mich große Erkenntnis:
Ich bin nun keine Studentin mehr, sondern Kollegin von unglaublich tollen Musiker*innen!

Ich durfte dort mit meiner lieben Freundin und Flötenschwester Mariá Kósa die Organisation mit übernehmen und hatte dort das Privileg so viele wundervolle Flötist*innen kennenzulernen, einige von ihnen habe ich seit vielen Jahren angebetet als Studentin und war ein riesen Fan und plötzlich stand ich vor diesen Menschen und musizierte sogar beim Abschlussessen mit den Soloflötist*innen der Wiener- und Österreichischen „Flöten High Society“. Das war ein ganz besonderer Moment für mich, denn ich hatte gerade ein paar Monate vorher mein Flötenstudium beendet und fühlte mich immer noch manchmal wie eine Studentin.
In einem Gruppen Coaching wurde ich von einer Studentin mal gefragt: „Wann ist man eigentlich ein Profi?“ Heute kann ich die Antwort klar geben: „Wenn du bereit bist und das entscheidest!“ Niemand muss dir dazu die Erlaubnis geben! Ich habe mir diese Erlaubnis in Wien gegeben und festgestellt, dass ich auch von meinen Kolleg*innen als solche behandelt wurde. Ich habe unglaublich viel Erfahrung und ein Spezialgebiet als Flötistin, welches nicht von vielen abgedeckt wird. Dort gab es so besondere Gespräche und Momente, die mich jetzt noch ganz nostalgisch machen. Ich habe dieses Jahr auch meinen Geburtstag in Wien verbracht und es war wundervoll! Was ich auch in Wien endlich fertig gestellt habe, liest du im nächsten Abschnitt.
Get your shit done – mein erster Onlinekurs
Wie lange hatte ich das auf meine To-Do-Liste stehen. Die erste Idee für diesen Onlinekurs hatte ich Ende 2021. Ich wurde so oft in meinem Leben gefragt:
„Wie schaffst du das so ruhig auf der Bühne zu sein und immer so abzuliefern?“
Ich habe das ganz lange auf mein „Rampensau-Gen“ geschoben, dass ich einfach Nervenstränge aus Stahl habe und das wohl von meinem Vater geerbt. Ja und Nein! Ich stellte in der Reflexion nach solchen Gesprächen immer fest, dass ich auf jeden Fall ein starkes Nervenkostüm habe und mich so schnell nichts aus der Ruhe bringt, wenn ich auf die Bühne gehe, aber gleichzeitig ist es auch eine Strategie und eine Routine, die ich immer und immer wiederholte. Eines Tages kam mir plötzlich dieser Titel: Get your shit done. Das ist überhaupt nicht böse gemeint, im Gegenteil. Ich habe in meinem Leben festgestellt, dass sehr viele Dinge schon damit leichter zu machen sind, in dem wir Verantwortung übernehmen! Verantwortung für unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen. Nicht immer die Schuld bei anderen oder bei Umständen suchen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen. Der Kurs entstand relativ schnell in meinem Kopf, ich wusste, wie ich ihn aufbauen würde, wie ich ihn strukturieren will und wie er heißt. Nur für die Umsetzung und das Aufnehmen der Videos brauchte ich ein bisschen Motivation, denn ich hatte große Angst davor, von Außen Kommentare zu bekommen wie „Gott, jetzt macht sie auch noch ’nen Online Kurs“.
Schritt 1:
Scheiß auf dein Bullshit FM in deinem Kopf. Scheiß auf Gedanken wie: „Wer will dir zuhören, wer interessiert sich für deine Strategie“. Scheiß auf blockierende Glaubenssätze, sie wollen dich nur in Sicherheit behalten und Sicherheit ist halt nur bedingt geil.
Schritt 2:
Denk nicht zu viel über Equipment nach, den gesamten Kurs habe ich mit meinem Handy aufgenommen. Es geht um den Inhalt, nicht um das tolle Aussehen.
Schritt 3:
Lass dir von deiner wundervollen Freundin (Mariá – Grüße gehen raus) in den Hintern treten und nimm die Videos einfach auf, egal wo!
Schritt 4:
Lade den Kram hoch, hau in raus und schau was passiert. Löschen kannst du es immer noch!
Ich saß also nun in Wien und sinnierte darüber, was ich nicht noch alles bräuchte um diesen Kurs rauszubringen. Mariá trat mir gehörig in den Hintern und ein Tag später nahm ich die letzten fehlenden Videos auf und lud alles hoch. Ich wollte keinen Tag mehr warten, denn ich wusste, mein Konzept ist geil und es wird funktionieren.

Im Mai launchte ich also meinen ersten Online Kurs und war sehr gespannt auf die ersten Rückmeldungen. Das Feedback war für mich überwältigend, denn es zeigte mir: Ich bin auf dem richtigen Weg und die Teilnehmer*innen haben so viel mitgenommen und für sich reflektiert.
Wenn du mehr über den Kurs erfahren möchtest, der jetzt jederzeit buchbar ist, findest du hier den Artikel dazu.
Flötenklangwelten
Das erste Mal bei einem Konzert alles selbst organisieren? Für mich auch ein besonderes Erlebnis. Ich habe dieses Jahr vier Konzerte in Eigenregie auf die Beine gestellt. Ich fungierte als Veranstalterin, als Moderatorin, als Organisatorin, Marketing-Managerin und natürlich Künstlerin. Bei der Konzertreihe „Flötenklangwelten“ wollte ich Konzerte für das Publikum kreieren, bei dem sie neue Klänge kennenlernen und gleichzeitig in eine andere Sphäre transportiert werden. Am 25.06.22 war ein sehr emotionaler Moment für mich, denn es war das erste Konzert nach der Corona Zeit und auch das erste Konzert nach meinem Masterabschluss im September 2021. Ich hatte alles selbst organisiert und es lief wirklich sehr gut. Ich bekam von meinen Mitspieler*innen noch die Rückmeldung, wie gut und flüssig auch die Orga abgelaufen wäre und ich muss sagen: Ich habe Blut geleckt.

Ich liebe es auf der Bühne zu stehen und zu spielen, zu verzaubern, zu inspirieren und zu berühren. Genauso liebe ich es, wenn ich alle Entscheidungen selbst treffen kann, vom Programm bis hin dazu, mit wem ich spiele, wann und wo. Ich konnte mir das schon denken, aber als ich das dann endlich mal ausgeführt habe, war ich so angefixt davon, dass ich mehr wollte. Mehr Selbstständigkeit, mehr Eigenverantwortung, mehr Kreativität und mehr erfüllende Projekte.
Der Titel ist auch derselbe meiner Solo CD (kommt 2023), die ich aufgenommen habe. Auf der CD habe ich acht Werke (nach 1970) für Flöte solo aus acht verschiedenen Nationen aufgenommen. Es bezieht sich also einerseits auf die Klangvielfalt der Flöte, aber auch auf die verschiedenen Einflüsse aus den verschiedenen Ländern.
Bei den Konzerten habe ich bewusst verschiedene Solowerke gemischt mit klassischen Kompositionen, erstens weil selbst ich, mit sehr viel Energie, keine acht Solowerke live auf die Bühne bringen kann, zweitens weil es für das Publikum interessanter und abwechslungsreicher ist. Bei dem Konzert im Oktober mit meinen beiden Freunden und ehemaligen Studien(klassen)Kollegen Leonardo Pedroza und Changhuan Xia, haben wir tatsächlich ein reines Soloprogramm gemacht. Da waren allerdings auch verschiedene Flöten beteiligt.

Ingesamt waren an dem Abend sechs verschiedene Flöten auf der Bühne und wir spielten aus sechs verschiedenen Positionen im Raum. Flötenklangwelten war da im dreifachen Wortsinne Programm!
Ja, ich spiele auch noch hier und da Muggen und Aushilfen oder bin bei Projekten, die ich geil finde auch dabei! Aber das Gefühl alles selbst zu koordinieren und entscheiden zu können, meine Musiker*innen anständig zu bezahlen, weil ich mich selbst um die Finanzierung kümmere oder ich es selbst rein investiere. Meine Ideen für Konzerte auf die Bühne zu zaubern und Menschen damit begeistere, das erfüllt mich! Mir ging und geht es nicht darum zu zeigen, wie toll ich das alles mache und wie gut ich spiele, aus dem Denken bin ich schon lange wieder draußen (dazu komme ich später). Ich möchte Menschen inspirieren und auf der Bühne in Kontakt gehen, mein verdammt hohes Niveau war sehr viel Arbeit und es wäre zu schade mein gesamtes Wissen und großes Spektrum an stilistischen Fähigkeiten eingehen zu lassen. Ich liebe Neue Musik genauso wie Bach, aber ersteres liegt mir halt mehr. Ich liebe es nach Noten zu spielen und bin verdammt gut vom Blatt, aber liebe es auch zu improvisieren und zu komponieren. Ich liebe es Kammermusik zu machen, aber genauso auch Solo auf der Bühne zu stehen und voll mein Ding zu machen.
Warum immer ein entweder oder? Warum nicht sowohl als auch? Ich darf alles tun was ich will, worauf ich Lust habe, was ich gut kann. Ich darf sowohl Künstlerin als auch Orga-Queen sein, ich muss mich nicht für eins entscheiden. Ich darf sowohl künstlerische Flötistin als auch eine extrem leidenschaftliche Pädagogin sein, ich muss mich nicht für eins entscheiden. Ich darf sowohl Musikerin sein als auch Bloggerin und Podcasterin. Ich bin meine Chefin und ich bin eine verdammt coole Chefin. Meine Berufskarriere fängt gerade erst an, ich bin so on fire und habe so viel vor und niemand kann mich mehr davon abhalten – auch ich mich selbst nicht.
Erfolgreich Musizieren
Eine weitere Online Reihe die ich im Sommer gestartet habe war Erfolgreich Musizieren. Auch diese Reihe wird 2023 fortgesetzt. Ich dachte mir schon so oft, dass ich einiges an Wissen und Tools habe, die Musiker*innen beim Üben und Musizieren unterstützen können. Ich wusste nur lange nicht, in welchem Format ich das machen möchte. Mir wurde nach Zoom-Lives aber so oft gesagt, wie unglaublich motivierend alleine meine Energie sei, dass ich dachte: Okay, wenn das Online genauso geht, wie wenn ich persönlich mit den Menschen im Raum bin, dann let’s do this!
So wurde die erste Idee geboren: Hirngerechtes Musizieren. Ich liebe alles rund um das Thema Neurobiologie, Neurodidaktik, Neurophysiologie. Ich habe haufenweise Referate, Hausarbeiten darüber in meiner Studienzeit gemacht und extrem viel gelesen und es schon Jahre in meinen Unterricht einfliessen lassen. Dann durfte ich darüber sogar einen Artikel in der Brawoo veröffentlichen, was mich wahnsinnig gefreut hat! Danach sprudelten die Ideen für solche Angebote nur so aus mir raus. Es folgten Entspanntes Musizieren und Auswendig Musizieren. Diese Online Masterclasses gehen immer so zwischen 60 und 80 Minuten und enthalten einen ausgiebigen (interaktiven) Vortrag von mir zu diesem Thema. Ich liebe es Kurse oder Workshops zu geben und limitiere mich aber schon lange nicht mehr auf Präsenz Seminare oder etwas wo ich gebucht werde. Ich mache es einfach.
Die Rückmeldungen waren überwältigend, denn ich hatte erst mal eine völlig andere Zielgruppe im Kopf. Als mir dann sogar eine 73-Jährige Hobby-Klarinettistin schrieb, dass mein Hirngerechtes Musizieren ihr Üben noch mal richtig nach vorne gebracht hat und sie es total toll fand mir zuzuhören, brach ich komplett in Tränen aus. Wie schön war das denn bitte? Ich habe Live Workshops gemacht, deren Aufzeichnung weiterhin zu erwerben sind, jemand kauft das, schaut sich das an und ich kann damit sein oder ihr Üben und Musizieren wirklich nach vorne bringen, sie inspirieren und motivieren. Das war so beflügelnd, dass ich sofort mehr Ideen gesammelt habe und die kommen 2023.
Weiterbildung und Input online zu holen mache ich schon viele Jahre, aber mir hat das immer in unserer Branche gefehlt. Ich hätte mit 20 Jahren diese Inhalte aus den Masterclasses gebraucht und jetzt gebe ich sie einfach selbst weiter. Die jüngste Teilnehmerin war 15 und die älteste 73. Hätte ich bei einem Online Angebot auch nicht gedacht! Mehr davon …
Studienabschluss
Ja. Nun. Jetzt kommen wir zu dem Thema, was mich wohl am meisten Tränen, Energie und Schweiß gekostet hat in diesem Jahr. Wenn du das hier liest und selbst noch studierst, dann lass dich jetzt davon bitte nicht entmutigen, ich versuche das so persönlich und subjektiv wie möglich zu beschreiben, denn eigentlich ist dieser Prozess etwas ganz Kraftvolles und Spannendes.
Mein Klavierstudium war mein 4.Studiengang. Ich hatte bereits Flöte abgeschlossen mit einem Pädagogischen Studium, einem Bachelor of Music und einem Master of Music. Klavier hatte ich als zweites Hauptfach (mit Instrumentalpädagogik) 2017 dazu genommen und im Prinzip von 2017-2021 durchgehend zwei Studiengänge gleichzeitig studiert. Als ich dann im September 2021 mein Master abschloss, merkte ich wie schwer es mir fiel weiterhin auch „noch zu studieren“. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon 17 Semester hinter mir und war bereits selbstständig am arbeiten, hatte mir schon viel aufgebaut und sich dann immer wieder in diese Situation zu begeben, in der mir jemand sagt, wie ich was zu tun oder zu lassen habe, das hat mich fertig gemacht. Allein diese starren Prüfungsordnungen, die natürlich nicht für so „Sonderfälle“, wie mir mit viel Erfahrung, ausgerichtet sind. Ich hätte regelmäßig einen Besen fressen können, so aufgebracht war ich immer wieder.
Ich hatte ja auch schon so viele Dinge in meinem pädagogischen Flötenstudium absolviert, die nicht anerkannt wurden, weil es kein „Bachelor of Music“ war, sondern eine „Staatliche Musiklehrerprüfung“ an einem Konservatorium. What the?! Wir leben halt in einem System, wo es nicht um die Erfahrung oder das Wissen geht, sondern um Scheine und an welchem Institut sie gemacht wurden. Das ich bereits seit meinem 14.Lebensjahr unterrichtet habe, Gruppen und Einzelschüler*innen, auf Keyboard, E-Orgel, Schlagzeug, Klavier und Flöte, das interessiert in so einem System niemand. Das ich mehr über Pädagogik und Didaktik wusste, einfach weil ich es schon gemacht hatte, als du es in jedem Buch lernen kannst, denn Spoiler alert:
Unterrichten lernst du durch’s Unterrichten. Auf der Bühne stehen lernst du durch’s auf der Bühne stehen. Vom „Grundwissen Instrumentalpädagogik“ unters Kopfkissen legen, wirst du nicht lernen, wie du in der Realität praktisch eine Gruppe unterrichtest, ihre Dynamik beeinflussen kannst oder wie du gleichzeitig Sozialarbeiter*in, Erzieher*in und Teilzeitpsycholog*in wirst. Denn das ist die Realität. In der habe ich schon gearbeitet noch bevor ich in die Oberstufe kam. Also saß ich da nun mit 26/27 Jahren und musste mir erneut irgendwelche Seminare reinziehen, die zwar inhaltlich super gemacht waren, aber ich das einfach alles schon wusste. Nicht weil ich so begabt bin, sondern weil ich mir davor Jahre den Hintern aufgerissen hatte! Das ist Arbeit und man lernt das auch nicht von heute auf morgen.
Versteh mich nicht falsch, ich finde es wichtig theoretischen Backround zu haben, deshalb sind wir ja auch als ausgebildete Instrumentalpädagog*innen auch kein Freizeitbetreuung, sondern das ist Musikvermittlung, Pädagogik, Methodik und Didaktik, die wir da lernen und dann später praktizieren. Wenn du aber dann in meinem Fall hörst, dass du noch ein 30-stündiges Instrumentalpraktikum und 30-stündiges Musikschulpraktikum machen sollst, obwohl du selbst das Seminar schon abhalten könntest, dann geht dir irgendwann die Hutschnur hoch, wenn es da keine möglichen Ausnahmen gibt. Wir haben dann Lösungen gefunden, nachdem ich ein bisschen mein inneres Rumpelstilzchen habe raushängen lassen.
Das war also die eine Problematik meines Studienabschlusses, warum ich ungefähr alle drei Tage das Studium abbrechen wollte, weil ich auf den Stress kein Bock mehr hatte. Das andere, war meine Klavierabschlussprüfung. Ich betone noch mal, ich studierte Instrumentalpädagogik, mit dem Ziel meine Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Instrument auszubauen, Blattlesen und Partiturlesen zu lernen, Repertoirekenntnisse zu erweitern und meine Begleitfähigkeit zu verbessern. Während des Studiums merkte ich dann wieder, wie gerne ich improvisiere und komponiere und wie fit ich eigentlich doch in Musiktheorie bin. Für alle die nicht wissen, wie so eine Prüfung in einem solchen Studium aussieht: In meiner Prüfungsordnung (von 2017, mittlerweile gibt es eine neue Reform) besteht die Endnote aus künstlerischer Prüfung auf dem Hauptfach, zwei Lehrproben (eine davon Ensembleleitung), ein Kolloquium zu zwei von mir gewählten pädagogischen Themen und einer Bachelorarbeit.

Meine künstlerische Prüfung sah vor, dass ich 45 Minuten Soloprogramm auf dem Klavier spiele, Kammermusik wäre bis zu 15 Minuten möglich gewesen. Pflicht ist eine klassische Sonate und ein Werk nach 1950, sonst ist man da relativ frei in der Entscheidung. Aber … Weißt du wann ich das nächste Mal 45 Minuten Solo Klavier spielen werde? Wahrscheinlich nie wieder. Weißt du was ich in meinem Job als Klavierlehrerin täglich brauche? Improvisation, Blattlesen, Poparrangements. Weißt du was mich richtig abgenervt hat? Das diese Prüfung nicht viel mit meiner Berufsrealität zu tun hat, das kann ich natürlich nur beurteilen, weil ich seit Jahren in dieser Realität arbeite. Es ist für mich völlig fein, dass ich Soloprogramm vorspielen muss, aber was ist mit all den anderen Dingen?
Wir tun mal so als wären wir bei wünschdirwas.de. Wenn ich eine künstlerische Prüfung für ein pädagogisches Klavierstudium konzipieren würde, dann würde ich da folgendes „prüfen“: Zwei kurze Improvisationen, in zwei verschiedenen Stilen; ein leichtes Stück vom Blatt zu lesen, ein Stück bei dem der Studierende korrepetiert (begleitet), zwei Solowerke aus verschiedenen Epochen und gerne noch ein Kammermusikwerk. So. Das ist für mich eine Prüfung, die Sinn ergeben würde. Da saß ich aber nun und musste 45 Minuten Soloprogramm spielen. Ich weiß, über diese Problematik können wir uns streiten und ich kenne viele, die diese 45 Minuten Soloprogramm-Prüfung als Abschlusskonzert sehen und das für sie total wichtig ist. Das meinte ich mit starrer Prüfungsordnung – Flexibilität Fehlanzeige. Denn die Prüfungen sind ja nur dafür da ein bestimmtes Niveau und ein „Bewertung“ dieser Leistung zu gewährleisten, damit man danach ein Zettel bekommt, mit einer Note, die niemanden wirklich interessiert, denn als Lehrkraft einer Musikschule ist man in der Regel sowieso als Honorarkraft und nicht fest angestellt und da ist das Zeugnis maximal eine Eintrittskarte. Als selbstständige Lehrerin hat mich noch niemand nach meinen vier Abschlüssen gefragt.
Die Vorbereitung auf meine Klavierprüfung war eine sehr große Herausforderung für mich. Nicht etwa weil ich nicht wusste wie ich mich vorbereiten sollte, sondern weil ich nicht wusste wann. Ich bin nicht die einzige Studentin gewesen, die sich ihren gesamten Lebensunterhalt von Anfang an selbst finanzieren musste. Also habe ich früh angefangen und mir so viel Übezeit wie möglich freigeschaufelt, in Freistunden in der Musikschule geübt oder eben morgens noch eine Stunde eher angefangen, um das Programm gut vorzubereiten.
Die Beethoven Sonate (op.78) war mein Endgegener. Der Bowser meines letzten Levels vor dem Abschluss. Die Prüfung musste ich wegen Überlastung meiner beiden Hände von Juli in den September schieben, ich bin froh, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Der September war aber übetechnisch wirklich next Level. Ich habe zu dem Zeitpunkt schon viele Prüfungen gespielt und mich auf sowas vorbereitet. Ich habe das ja nicht zum ersten Mal gemacht. Ich wusste welche Methoden gut funktioniere, aber die Vorstellung mich wieder einer Bewertung zu unterziehen, obwohl ich doch schon aus dem Leistungshamsterrad ausgestiegen war, hat mich noch mal sehr viel Energie gekostet. Mein Problem war nicht, dass ich nervös war und Angst vor der Prüfung hatte, sondern mein Problem, welches sich durch das gesamte Jahr 2022 im Studium zog war, dass ich nicht wusste wofür ich mir diesen Stress noch antuen sollte!
Ich habe monatelang nach einem neuen Warum gesucht, weil mein altes Warum nicht mehr funktioniert hat. Die Motivation die ich ursprünglich mal hatte für das Studium, zog nicht mehr. Ich hatte keine Lust mehr. Ich hatte keinen Nerv mehr auf diesen „Ich-springe-durch-brennende-Reifen-Zirkus“ im Studium. Ich hatte keinen Bock mehr auf „Ich-zeige-euch-wie-gut-ich-geübt-habe-Modus“. Ich wollte einfach Spielen. Ich wollte wie als Kind einfach spielen. Und dann kam ein Durchbruch in mir, den ich nicht habe kommen sehen und welcher mein Berufsleben auf ein völlig neues Level brachte …
Musizieren mit meinem inneren Kind
… ich hatte plötzlich wieder mein Warum. Mein Warum, was ich schon als kleine Saskia, mit vier oder fünf Jahren, hatte. Ich wollte schon immer Musik machen. Mich zog es völlig von selbst an alle Instrumente in der privaten Musikschule meines Vaters in unserem Haus. Er hat mich nie gezwungen, ich musste nie irgendwas leisten zu Hause auf den Instrumenten. Wir haben zusammen musizierte, ich habe mich alleine mit fünf Jahren manchmal stundenlang an die Orgel verzogen und gespielt. Nicht geübt. Gespielt. Natürlich habe ich mir da auch Neues angeeignet, aber ich nannte es nicht Üben. Ich nannte es Spielen. So wie andere Kinder mit Bauklötzen und Puppen spielten, so war das für mich an den Instrumenten und wenn ich sang oder tanzte.

Auf diesem Bild war ich fünf Jahre. Beim Weihnachtskonzert der Musikschule meines Vaters. Ich habe ein Stück aus einem Heft gespielt, was „eigentlich“ noch viel zu schwer für mich war. Wusste ich aber nicht, hatte mir niemand gesagt, dass das zu schwer ist. Ich hab es einfach gespielt. Ich habe das in einer Kirche voll mit Menschen vorgespielt. Ich war nicht nervös, ich hatte keine Angst, denn ich habe gespielt. Ich habe mich sogar verspielt, der Rhythmus der E-Orgel lief weiter und ich habe einfach einen Takt später wieder eingesetzt. Das war mir auch nicht unangenehm oder peinlich, denn mir hatte zu dem Zeitpunkt noch keiner gesagt, dass es schlimm ist, wenn man einen Fehler auf der Bühne macht.
23 Jahre später saß ich da nun mit meiner Beethoven Sonate auf Kriegsfuß und hatte manchmal das Bedürfnis das Klavier mit einer Axt zu zerhacken. Aber das ich diese Gefühle hatte, diesen Leistungsdruck, den ich ablegen wollte, wieder verspürte, dafür konnte weder Beethoven noch das Klavier was für. Ich spürte weiter nach und fragte mich, warum ich diese Prüfung überhaupt spielen will oder warum ich mir das überhaupt antue. Da tanzte in einer Meditation meine kleine Maus auf mich zu, die ihr da oben auf dem Bild sehen könnt und sagte zu mir: „Du hast mir doch versprochen, dass wir nur noch spielen aus Freude und Leidenschaft und nicht mehr aus Druck und um Erwartungen von anderen zu erfüllen. Dann mach das doch jetzt auch!“ Ich brauche dir nicht zu sagen, wie sehr mich das umgehauen hat. Aber da war er, der Zugang zu meinem Warum, der war auch nie weg, nur war der Zugang blockiert mit Glaubenssätzen und mit Erwartungen von mir an mich und von anderen an mich.
Der Zugang zu meinem Warum war schon immer da und so nahm ich mir vor, diese Prüfung, genauso wie alles andere auch, mit meiner kleinen Maus gemeinsam zu spielen und sie nicht zu verbannen, nur weil es ihr scheiß egal ist, wenn ich Fehler mache oder sie sich einen Dreck drum kümmert, was andere von mir denken, wenn ich spiele. Das passt natürlich nur bedingt in das System Musikhochschule und elitäre Musikausbildung. Aber weißt du was? Das ist mir egal. Ich habe zehn Jahre studiert, davor drei Jahre Jungstudium gemacht, und irgendwo unterwegs ist mein Warum verschütt gegangen, wegen Leistung, Erwartungsdruck, Wettbewerb, Prüfungen, Konkurrenz und all der Rotz, dem wir uns ausliefern, wenn wir in die berufliche Musikausbildung gehen.

Ich habe die Kleine so lange verborgen, dabei ist sie der Anteil in mir, den viele Menschen auf der Bühne so bewundern. Sie ist der Grundstock meines Rampensau-Gens. Sie bringt jede Bühne zum Kochen, weil sie mit so viel Energie auf die Bühne geht, dass es ansteckend ist. Sie verzaubert Menschen in meinem Publikum mit ihrer Freude und Leidenschaft für Musik. Sie berührt Menschen, indem sie Emotionen in die Musik legt und durch die Instrumente kanalysiert, die sie als Kind anders gar nicht hätte ausdrücken können. Ihr ist es sowas von egal, welche Note jemand auf diese „Leistung“ geben würde und ob es der Person gefällt oder nicht. Ihr gefällt es, das reicht.
Ihr war dieses Studium so piep egal, die große Saskia wollte das noch abschließen aus so typischen Gründen wie: „Was man anfängt, muss man auch fertig machen!“ oder „Später werde ich es bereuen, wenn ich das nicht abschließe“ oder „Ich brauche das Zeugnis um mich an Musikschulen zu bewerben“ oder richtig im Ego: „Vier Abschlüsse mit zwei verschiedenen Hauptfächern, das hat auch nicht jeder, das bist du was besonderes“. Ja, besonders am Arsch war ich. Besonders kaputt nach Jahren Musikhochschul-Reißwolf. Versteh mich nicht falsch: Ich habe sehr viel gelernt und bin nur so gut heute, weil ich diese Möglichkeit hatte und ich bin sehr dankbar, so viel mitgenommen zu haben und so ausgebildet worden zu sein. Nur versteh mich auch, dass ich die Klappe darüber nicht mehr halten kann, was uns nicht nur in diesem, aber vor allem in dem System Schule und Uni/Fachhochschule krank macht. Das gilt nicht nur für Musiker*innen.
Ich spielte also meine Prüfung, mir war egal was dabei rauskommt. Meine Eltern kamen, ohne das ich was davon wusste zu der Prüfung. Donnerstags, um 11:05 Uhr. Sie haben sich beide extra frei genommen und sind 200 km gefahren, um diese Prüfung zu hören und ich bin so unendlich dankbar und sitze jetzt heulend wie ein Schlosshund hier vor dem Laptop und merke grade, wie wichtig es war, dass mein Vater anwesend war in diesen 45 Minuten. Meine Kleine (und ich) waren so happy, das er da war, nicht weil sie ihn beeindrucken wollte, sondern weil ich von ihm gelernt hatte, das Musik Spaß macht und ich keine Angst vor Abwertung haben brauche. Nicht nur weil ich es wahrscheinlich auch im Blut und geerbt habe, sondern weil er mir das vorgelebt hat. Es gibt so viele Menschen aus Musikerhaushalten, die völlig zerstört sind, weil die Eltern den Ehrgeiz ein bisschen übertreiben. Ich hatte das Problem nie. Und ich weiß jetzt, wie sehr ich dafür dankbar bin. Am Ende hat meine kleine Saskia zusammen mit meinem Papa energetisch musiziert und es war wie ein Vorspiel früher zu Hause. Ich habe mich nicht gefühlt wie in einer Prüfung. Sondern war wieder zu Hause.

Jetzt habe ich mit ihr eine Übereinkunft getroffen. Wir musizieren nur noch aus Leidenschaft und Freude, wie früher. Es wird sich nicht gegeißelt es wird sich nicht mental fertig gemacht wegen einer fu**ing Prüfung oder einem Konzert. Das ist jetzt vorbei. Und wenn du sie jetzt strahlen sehen könntest, wüsstest du, wie unglaublich heilsam es ist, sich mit seinem inneren Kind auseinanderzusetzen, anstatt es zu ignorieren. Wir spielen nur noch zusammen und wenn du mich irgendwann mal auf einem meiner Konzert hörst, wirst du sie in meinen Augen sehen können.
Yoga – mein Seelenweg
Wir kommen zum letzten Thema meines Jahresrückblicks und zu einer Philosophie und Lehre, die mir wirklich den Hintern gerettet hat.
Yoga praktiziere ich nun seit meinem 17. Lebensjahr, zumindest die Asanas (Körperübungen auf der Matte). Ganzheitliches Yoga praktiziere ich seit 2019. In dem Jahr regte sich auch schon zum ersten Mal der Wunsch, irgendwann mal eine Yogalehrer Ausbildung zu machen. Das ich das bereits 2023 auch in die Tat umsetzen würde, das habe ich nicht kommen sehen. Denn ich habe mich tatsächlich angemeldet und im Februar geht’s los.
Yoga hat mich das ganze Jahr über sehr intensiv begleitet, besonders reingehauen haben meine Pranayama Übungen (Atemübungen). Für mich als Flötistin noch mal next Level, kann ich sagen. Ich habe über das Thema meine Bachelorarbeit geschrieben und mir täglich meine Zeit für Asana, Pranayama und Meditation genommen. Egal wann – morgens, mittags, abends oder nachts. Was es mit mir gemacht hat, konntet ihr nun u.a. in diesem Rückblick lesen. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Was ich dieses Jahr an innerer Arbeit gemacht habe, das ist wirklich nicht in Worte zu fassen. An manchen Stellen ging es einfach nur ums fühlen und zulassen und loslassen. Dabei unterstützt mich Yoga jeden Tag. Ich kann es zum energetisieren am Morgen nutzen, zum entspannen am Abend, zum Loslassen wenn mich etwas beschäftigt, um Körperverspannungen zu lösen und wieder in Kontakt mit mir, meinem Körper und meiner Seele zu kommen. Ich habe mir in diesem Jahr auch erst mal eine schöne Ecke in meinem Zimmer eingerichtet.

Als ich vor einigen Wochen eine Schnupperstunde für die Yogaausbildung in einem Studio in Wuppertal machte, wusste ich sofort: That’s it! Ich bin tränenüberströmt nach Hause gelaufen, weil meine innere Stimme mir sagte: So nah wie jetzt warst du deinem Seelenweg schon lange nicht mehr. Was das genau bedeutet weiß ich noch nicht, das ist auch okay. Wie schon zu Anfang des Artikels, habe ich manchmal so Kommentare von Innen, mit denen ich noch nichts Konkretes anfangen kann. Muss ich auch nicht. Ich muss gar nichts mehr. Ich darf. Ich möchte. Ich will. Aber nie wieder: Ich muss.
Meine 3 liebsten eigenen Blogartikel des Jahres
Ich habe neun Jahre die Pille genommen und 2018 im Dezember die Letzte. Ich habe das restliche Blister in den Müll gepfeffert und seitdem sind mir sehr viele Dinge aufgefallen, schon vorher in meinen Recherchen habe ich einiges über dieses Medikament gelesen, was mir die Haare zu Berge stehen ließ.
2. Was, wenn…?
Diese zwei kleinen Wörter, können einem ganz schön die Party versauen! In der Regel folgt nach diesen zwei Wörtern nichts Positives. Wir haben Angst vor etwas, was noch nicht eingetreten ist und wenn wir uns mit dem Thema Manifestation beschäftigen, stellen wir schnell fest, dass wir auch mit diesen Sätzen manifestieren, nur leider nicht das, was wir eigentlich wirklich wollen …
3. Wenn du im Loch steckst, hör auf zu graben!
Ja, viele von uns haben die Angewohnheit, wenn es uns nicht gut geht, auch noch mit dem Holzhammer oben drauf zu hauen. Ich war auch jahrelang gut darin, mir auch noch Vorwürfe zu machen, wenn ich nicht mehr konnte und in einem Loch steckte. Wie ich daraus gekommen bin? Schaut gern in den Artikel.
Mein Jahr 2022 in Zahlen
Diese Jahr habe 16 Blogartikel veröffentlicht, mit diesem sind es 17.
Blogleser*innen: 2.056 und insgesamt 4.636 Aufrufe auf meinen Artikeln.
38 Folgen gingen auf meinem Podcast online. Podcasthörer*innen: 9.780 Aufrufe auf meine Podcastfolgen.
2022 habe ich mit meinem Online Business 2.558€ umgesetzt. Dazu kommen noch 400€ aus der ersten Zeit der Webinare für Flöte, die ich nicht über elopage gemacht habe, sondern selbst abgerechnet habe.
Was 2022 sonst noch los war
Meine Ziele für 2023
- 200 h Yoga Ausbildung machen, für mich und für euch
- Meinen Berufsalltag zu 100% selbst bestimmen
- Kurse und Workshops kreieren, die euch unterstützen voll in eure Kraft und euer Licht zu kommen
- Eine Altflöte und eine Zweitflöte zum Unterrichten in die Flötenfamilie aufnehmen
- Podcastfolgen und Blogartikel koppeln: Jeden Montag gibt es dann eine neue Folge und einen neuen Blogartikel dazu. Mehr Stoff, mehr Kreativität, mehr Spaß!
- Starterkit Onlinekurs rausbringen, für Musikstudierende und jede*n der oder die sich mit ihrem Selbstmanagement beschäftigen möchte
- Einige wundervollen Menschen, die ich über Social Media kennenlernen durfte, auch mal live zu treffen
- Mein zweites Buch fertig stellen
- Meine CD Flötenklangwelten veröffentlichen
- Erfüllende Konzertprojekte planen und spielen
Mein Motto für 2023
„Weil ich will, aber nie weil ich muss!“
Liebe Saskia
Was für ein wundervoller Artikel. Danke Dir dafür.
Ich wünsche Dir viel Erfolg und alles Gute
Jutta Graf – Juraschek
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Liebe Jutta, vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Ich wünsche dir auch alles Gute für das neue Jahr 2023 🙂
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So schön, dieser Einblick! Danke,,
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Vielen lieben Dank! ❤
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Liebe Saskia,
wow, da hattest du ja ein Jahr zu dem man dir absolut gratulieren kann!
Ein Neurodermitisschub plus Corona zum Jahresstart, blöder kann es wohl nicht los gehen. Fantastisch, dass du den Schlüssel zu deiner Haut gefunden hast. Ich habe damit auch im Studium gekämpft, inzwischen versuche ich den richtigen Hebel für meine Tochter zu finden. (Ja, die Neuro spielt auch in meinem Jahresrückblick eine Rolle…)
„Ein Nein ist ein vollständiger Satz.“ Das finde ich sehr stark und werde mir das aufhängen.
Wahnsinn, was du für eine beeindruckende Elopage-Seite hast! Das Musiktheorie-Webinar und dein Buch kommen auf meine ToDo-Liste.
Krass, dass du das letzte Studium durchgezogen hast. Ich kann deinen Frust so nachvollziehen… Diese starren Hochschulregeln und die realitätsfremden Anforderungen. Ich fand die Lehrproben am nervigsten.
Saskia, ich wünsche dir, dass 2023 viel besser startet und freue mich, deinen Weg zu verfolgen. Du wirst das rocken!
Eine begeisterte Kollegin
Carina Busch
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Liebe Carina, vielen Dank für deinen Kommentar und deinen Zuspruch. Ich wünsche dir auch alles Gute für das neue Jahr und falls du das Buch in gedruckter Form und signiert bestellen möchtest, dann melde dich gerne bei mir 🙂
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