Zuallererst muss ich leider eine bittere Wahrheit aussprechen: Angehende Musikstudierende mussten vor ihrem Studium noch nie so viel können, wie heutzutage. Natürlich bezieht sich das auf das künstlerische Niveau, aber auch auf die Fähigkeiten außerhalb des Instruments. Die Aufnahmeprüfungen werden gefühlt von Jahr zu Jahr härter, was natürlich einmal mit der großen Anzahl an Bewerbern zu tun hat, auf der anderen Seite mit dem, was einen alles nach dem Studium erwartet. Die Anforderungen sind höher, die Stücke schwerer und die Plätze werden weniger.
Mit dieser Einleitung möchte ich niemanden deprimieren oder jemandem Angst machen. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass man mit einer realistischen Vorstellung und Einschätzung erfolgreicher fährt, als mit naiver Einstellung gegenüber der Musikbranche und deren Ausbildung.
Beim dritten Artikel in der Serie für Studieninteressierte setze ich voraus, dass du dich mit den ersten beiden Artikeln auseinandergesetzt hast. Die Fragen: Was gibt es für Studiengänge und wo sollte ich die studieren, beantworte ich dir in diesen beiden Artikeln:
https://managemusik.com/2020/07/19/musikstudium-duales-studium/
https://managemusik.com/2020/07/31/was-und-wo-soll-ich-studieren/
Hier gibt es noch eine weitere Seite, um einen Überblick zu bekommen, was wo studiert werden kann:
https://www.studycheck.de/studium/kunst-gestaltung-musik/musik
Was muss ich für die Aufnahmeprüfung können?
Muss ich auch Klavier spielen?
Was muss ich für Stücke vorspielen?
Wie schwer sind die theoretischen Aufnahmeprüfungen in Tonsatz und Gehörbildung?
Wie viele Bewerber bekommen einen Platz?
Mit diesen und weiteren Fragen beschäftige ich mich in diesem Artikel und mit den Voraussetzungen für die Aufnahmeprüfung und dem Musikstudium. Bevor ich auf diese Fragen näher eingehe, kurz die Erklärung, warum es diese Prüfungen überhaupt gibt und warum sie in einigen anderen Studiengängen vielleicht nicht schlecht wären einzuführen.
Unter normalen Umständen an einer Universität bewirbst du dich auf einen Studienplatz in einem bestimmten Fach. Z.B. ‚Bachelor of Arts‘ (BA) mit den Fächern Geschichte und Politikwissenschaft oder Deutsch und Religion auf Lehramt, also im ‚Bachelor of Education‘ (B.Ed.). Wenn du auf eine x-beliebige Seite einer Universität gehst, in meinem Fall war es damals: https://www.studium.uni-mainz.de/studienfaecher-ba/ der Johannes Gutenberg Universität Mainz, findest du sehr oft die Bezeichnung bei Zulassungsvoraussetzungen: zulassungsfrei.
Das bedeutet im Prinzip, jeder der sich bewirbt kommt auch rein. Man könnte hier auch davon sprechen, man schreibt sich an einer Universität ein ohne ein Verfahren der Eignung o.ä.
Dann gibt es einige Studiengänge an einer Universität, da steht dann: zulassungsbeschränkt. Das wird in den meisten Fällen über den sogenannten N.C. geregelt, also über deinen Abiturschnitt. Ein sehr berühmter Studiengang ist hier natürlich das Medizin- oder das Psychologiestudium – auch wenn ich der Meinung bin, eine Eignungsprüfung vor allem auf der sozialen Ebene würde diesen Studiengängen weiß Gott mehr bringen, als der Abiturschnitt.
Bei drei Studienfachrichtungen steht allerdings folgendes: Eignungsprüfung.
Diese drei sind, wie du dir vielleicht denken kannst, Musikstudiengänge, Kunststudiengänge und Sportstudiengänge. Spannend, bei der Recherche fiel mir ein Gedanke dazu ein, warum es heute nur noch umgangssprachlich „Aufnahmeprüfung“ heißt. Eignung und Aufnahme sind ja zwei verschiedene paar Schuhe. Damals hieß es Aufnahmeprüfung, weil tatsächlich alle, die früher eine Aufnahmeprüfung bestanden haben, auch einen Studienplatz bekamen und eben aufgenommen wurden. Heute ist das Bestehen einer sogenannten Eignungsprüfung kein Garant für einen Studienplatz! In der Prüfung wird geschaut, ob du dich für den Studiengang eignest, ob du aufgenommen wirst, steht leider auf einem anderen Blatt. Das ist nur eine Vermutung bzw. eine Interpretation meinerseits und kein Fakt!
Es ist also durchaus möglich, dass du eine Eignungsprüfung bestehst, du dich also offensichtlich dafür eignest – es aber nicht so viele Studienplätze, wie es bestandene Bewerber*innen gibt. Einige Fachbereiche an Hochschulen machen das besonders „schlau“, um nicht in diese Situation zu kommen – sie lassen einfach alle durchfallen, die nicht aufgenommen werden. Geil! Andere Hochschulen schrauben ihre Anforderungen in der Theorie dermaßen hoch, dass ein Großteil durch die Theorieprüfungen rasseln und ebenfalls durchfallen. Auch geil!
Wenn man etwas genauer hinschaut, ist das alles natürlich gar nicht geil. Aber irgendeine Taktik, um die hohen Bewerberzahlen zu bewältigen, muss es ja geben – und diese Zahl ist leider sehr hoch! Ich habe jedoch keine offiziellen Zahlen gefunden, aber aus eigener Erfahrung: bei meiner Bacheloreignungsprüfung im Jahr 2015 waren es über 80 Bewerber, nur für Flöte und nur für den künstlerischen Studiengang. Die Klavierlehrenden der HfMT prüfen eine ganze Woche Pianisten und Pianistinnen, täglich von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr.
Du merkst schon, es sind unglaublich viele! Wie viele Plätze es gibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie viele Lehrende es für das Instrument gibt, wie viele bei den jeweiligen Lehrenden Abschluss gemacht haben und so einen Platz „frei“ machen und wie im letzten Artikel schon beschrieben: ob die Lehrenden dich haben wollen!
Die Frage ‚Was muss ich für die Aufnahmeprüfung können?‘ stellt sich natürlich dann direkt. Leider ist das nicht ganz so einheitlich zu beantworten. Erst mal ist entscheidend, für welchen Studiengang du dich bewirbst und wo du das tust. Du findest die detaillierten Voraussetzungen auf den jeweiligen Internetseiten. Grob erklärt:
- Du musst auf deinem Hauptfach vorspielen – Programm zwischen 15 und 30 Minuten, abhängig von den Voraussetzungen
- Du musst auf deinem Nebenfach vorspielen – bei allen Orchesterinstrumenten ist das Klavier, die Pianisten haben freie Wahl und die Zupfinstrumente können ggf. auch ein anderes Zupfinstrument nehmen
- Du musst eine schriftliche Prüfung ablegen in den Fächern Tonsatz und Gehörbildung
- Du musst eine pädagogische Prüfung ablegen, im Falle eines pädagogischen Studiengangs
- Wenn es weitere Nebenfächer o.ä. gibt, musst du auch dort eine Prüfung ablegen. Das ist allerdings sehr studienspezifisch!
Im Normalfall besteht die Eignungsprüfung also aus drei Teilen: dem Hauptfach, dem Nebenfach und einer Theorieprüfung.
Es gibt Hochschulen mit Fachbereichen, die wünschen ein bestimmtes Programm für die Hauptfachprüfung. In meinem Fall reichte das von: „Ein Kopfsatz eines Solokonzerts, ein Werk für Flöte solo und ein Werk nach 1950“ bis hin zu „Bach Partita, Mozartkonzert in G-Dur, Syrinx von Debussy…“. Es kann aber auch sein, dass dort einfach steht: „20 Minuten Programm Werke aus drei verschiedenen Epochen“ – das ist der Jackpot, denn da kann man seine Stärken sehr gut ausspielen!
Im Nebenfach steht in den meisten Fällen 10-15 Minuten Programm, zwei Werke aus zwei verschiedenen Epochen und in den allermeisten Fällen spielen die Anwärter*innen dann das C-Dur Präludium von Bach BWV 846 und etwas von Schumann oder was modernes.
Ein Kommentar noch zu der Minutenangabe: du spielst keine 20 Minuten in der Hauptfachprüfung, du spielst auch keine 15 Minuten in der Nebenfachprüfung. Der Tag der Prüfungskommission müsste 48 Stunden haben, damit das aufgeht. Rechne mit 5-10 Minuten. Du wirst abgebrochen, manchmal hören sie auch nur 2 Ausschnitte aus 2 Stücken. Manchmal die Anfänge von allen Werken, die auf deiner Liste stehen.
Zur Theorieprüfung gibt es von meiner Seite folgenden Tipp: Bereite dich gut vor!
Wenn du Probleme mit Gehörbildung hast, übe es jeden Tag genauso wie dein Instrument. Jeden Tag 10-15 Minuten, investiere diese Zeit, denn wie oben beschrieben: viele Hochschulen sieben ihre Bewerberzahlen in der Theorieprüfung aus. An manchen Hochschulen gibt es auch die Möglichkeit, bei einer nicht bestandenen Gehörbildungsprüfung trotzdem einen Studienplatz zu bekommen, ins Tutorium zu gehen und ein Jahr später die Eignungsprüfung in diesem Fach zu wiederholen.
Das ist aber nicht die Regel!
Fast jede Hochschule hat alte Klausuren als PDF Download bereit, damit du einen Eindruck bekommst, was verlangt wird und wie geprüft wird. Es gibt auch Angebote, von Studierendenvertretungen oder von den Hochschulen selbst, für Vorbereitungskurse in den Theoriefächern. Vielleicht hat deine Musikschule eine/n Theorielehrer/in, geh in den Kurs und bereite dich vor – so früh wie möglich. Du kannst dir nicht vorstellen, wie vielen verzweifelten Studierenden ich schon bei dem Thema Gehörbildung geholfen habe! Ich höre selbst nicht absolut. Ich hatte einfach den besten Professor, den es dafür gab und das über eine sehr lange Zeit!
Die Voraussetzungen für das Musikstudium selbst, bespreche ich im nächsten Artikel. Heute sollte es erst mal um die Eignungsprüfungsvoraussetzungen gehen und die vielen Fragen im Kopf der Studieninteressierten, was da auf einen zukommt.
Wie immer bei Fragen gerne melden – ich versuche sie alle in dieser Artikelreihe, zumindest im Ansatz, zu beantworten!