Ich bekomme seit Jahren von so vielen Menschen in meinem Umfeld und auf Social Media folgende Aussage:
„Krass, was du da machst, das könnte ich nicht! Selbstständig arbeiten ist nicht so mein Ding.“
Natürlich denken das Viele, sie haben ja auch nie gelernt, wie das wirklich geht. Wo um alles in der Welt sollten sie das denn auch gelernt haben? Wir lernen in der Schule und der Hochschule, Universität oder Berufsausbildung alles Mögliche, nur leider nichts davon ist wirklich brauchbar für eine erfolgreiche Selbstständigkeit. Selbstständigkeit bedeutet für mich kreativ und lösungsorientiert zu denken, eigenständig zu planen und sich selbst zu organisieren. Es bedeutet für mich absolute Freiheit, die für viele aber eine unglaublich Zukunftsangst mit sich bringt. Glaub mir, ich fühl’s! Es bedeutet also auch Vertrauen zu haben, Vertrauen in sich selbst und in die eigenen Fähigkeiten. Es bedeutet sich unternehmerisches Denken anzueignen, das kann man lernen – ich weiß, faszinierend.
Es bedeutet sich Wissen und Informationen selbst zu beschaffen und sie auszuprobieren, es bedeutet eine gewissen Fehlerfreundlichkeit und Frustrationstoleranz aufzubauen, denn Fehler werden passieren, in der Situation als Selbstständige kannst du aber die Schuld nicht auf andere schieben. Du bist selbst verantwortlich. Selbstständig zu sein bedeutet für mich ein sehr gutes Netzwerk zu haben und mich selbst gut vermarkten und präsentieren zu können und mich selbstverständlich auch um meine Finanzen, Versicherungen und Altersvorsorge selbst zu kümmern.
Der bekannte Satz: „Als Selbstständige arbeitet man selbst und ständig!“ trägt natürlich einiges an Wahrheit in sich, aber wird leider auch oft missverstanden, dass es keine Pausen geben darf, dass man alles alleine schaffen muss und das ist nun wirklich sehr mühsam, da hätte ich auch keinen Bock drauf! Selbstständigkeit bedeutet für mich also auch zu lernen mit den eigenen körperlichen und mentalen Ressourcen zu haushalten, ein gesundes Zeit- und Energiemanagement ist da unumgänglich.

Wenn ich mir unser „Bildungssystem“, wenn man das dann noch so nennen kann, so anschaue, dann sehe ich von all diesen Themen wenig bis gar nichts. Nach zehn Wochen Schuldienst als Vertretungslehrerin bin ich schockiert, aber natürlich nicht überrascht, ich kenne es noch von mir früher. Weder in der Schule, noch in der Ausbildung oder im Studium nach der Schule, geht es darum, dass Menschen dort in ihrem Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen oder ihrer Selbstsicherheit gefördert werden. Es geht dort nicht darum kreativ und autonom zu denken und Lösungen für Probleme zu finden, dort werden eher noch für Lösungen Probleme gesucht. Wer sich dort selbst gut darstellt, Stärken hervorhebt und über sich und seine Erfolge spricht ist überheblich und arrogant. Wie sollen Menschen in so einem Umfeld lernen sich selbst gut zu präsentieren und auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen? Es wird ihnen doch quasi komplett abtrainiert und die eigene Wahrnehmung abgesprochen. Und dann wundern wir uns, in welchem Zustand viele junge Menschen aus dem Bildungssystem rauskommen und unfähig sind zu arbeiten, vor allem selbstständig und da rede ich nicht nur von Selbstständigkeit, sondern auch von selbstständigem Arbeiten als Angestellte*r. Alle wollen das, alle verlangen das, aber keiner bringt den Menschen bei, wie das geht. Fantastische Bedingungen.
Und über Geld spricht keine Sau, sorry der harten Ausdruck, aber leider ärgert mich das unglaublich. Eigenverantwortung? Fehlanzeige. Andere sind schuld, andere Menschen, das System oder die eigene Vergangenheit. Selbstorganisation (was hier auf diesem Blog ja mal die ursprüngliche Intention war) lernen die meisten dann auf die harte Tour, das kostet sie dann zu dem Zeitpunkt Geld und Nerven und in der Regel geht danach das Gedankenkarusell los: „Ich bin halt chaotisch und etwas verpeilt.“ – Wenn du dir das oft genug erzählst, glaubst du es auch irgendwann.
Fehler werden nicht gefeiert als das was sie sind, Möglichkeiten zu lernen, sondern werden rot unterstrichen und später mit harter Kritik kommentiert. Die Frustrationstoleranz der Menschen, die ich unterrichte oder die mit mir arbeiten, ist oft sehr weit unten oder sogar im Minus. Es wird auch in vielen Bereichen des Bildungssystems alles bis ins kleinste Detail vorgekaut und eigenständiges Lernen und Transfer wird erwartet, aber nicht richtig angeleitet und begleitet.
Das Einzige, was man zumindest im Ansatz lernt, ist Netzwerken. Aber auch nur bedingt, da eher der klassische „Konkurrenzkampf“ gefördert wird, als ein gemeinsames Miteinander und gegenseitiges Unterstützen und wir alle wissen, eine Person die selbstständig arbeitet ist angewiesen auf ein blühendes und großes Netzwerk, sonst dauert die Selbstständigkeit nicht lange.
Ich könnte mir für mich persönlich kein schöneres Arbeitsmodell vorstellen, als selbstständig zu arbeiten, auch wenn ich gerade einen Teil meiner Arbeitszeit angestellt verbringe. Das Arbeiten in der Schule macht mir sehr viel Spaß und ich habe das Gefühl den Kindern dort etwas mitzugeben, was sie dringend brauchen: Das Denken einer selbstständigen Musikerin und Frau, die ihren Mund nicht mehr hält. Ich weiß nicht wie lange ich das mache, muss ich auch gerade nicht wissen, denn ich habe keine Zukunftsängste mehr. Ich habe so viele Fähigkeiten und Stärken und diese auch geschult, dass ich sehr viele verschiedene Jobs oder Aufträge annehmen kann. Mir wird nicht langweilig und ich werde sicher nicht auf der Straße landen.
Ich genieße die Freiheit, die ich habe und liebe es meinen kreativen Einfällen Raum zu geben, Online Seminare anzubieten, Bücher zu schreiben, zu Unterrichten, zu Musizieren, zu bloggen, Podcasts zu machen, mich für Menschen einzusetzen, demnächst auch Yoga zu unterrichten und einfach meinem Herzen zu folgen. All das könnte ich so nicht machen, wenn ich vierzig Stunden die Woche irgendwo angestellt wäre. Daher kommt das für mich auch aktuell nicht in Frage.
Ich arbeite nicht „selbst und ständig“, die meisten meiner Tätigkeiten fühlen sich schlicht nicht an wie Arbeiten. Das ist der absolute Jackpot, das weiß ich und bin dafür unendlich dankbar. Und weißt du was? Das ist erst der Anfang …