Grenzenlose Grenzüberschreitung

Kennst du solche Momente, in denen du das Gefühl hast, dass Menschen über deinen persönlichen Zaun nicht nur drüber hüpfen, sondern gleich mit ’nem Panzer drüber rollen und deinen inneren Vorgarten einmal in Schutt und Asche legen?

Ich kenne diese Momente leider zu gut und hatte schon zu viele davon. Nach meinem Jahresrückblick haben mir so viele von euch geschrieben, dass sie gerade das Thema Abgrenzung und Grenzen setzen so schwierig finden und es ihnen ähnlich geht, wie ich es in dem Artikel beschrieben habe. Abgrenzung ist in einer Gesellschaft, die unglaublich grenzüberschreitend ist, schon wirklich next Level. Fragen, die eigentlich gar nicht gehen, werden ständig gestellt, wie zum Beispiel:

  • „Ach, du bist krank? Was hast du denn?“
  • „Wie sieht es denn bei dir mit der Familienplanung aus?“
  • „Sag mal, bist du dir sicher, dass bei dir alles okay ist? Du hast in letzter Zeit so viel abgenommen (oder zugenommen)“
  • „Du schminkst dich aber sonst nicht so stark, oder?“

Es gibt so Aussagen und Fragen, die sind bei uns irgendwie „normal“, aber eigentlich sind sie völlig übergriffig und die Menschen merken es gar nicht. Wie oft mir schon von Außen Dinge gesagt wurden, die man wohl an mir beobachtet hat, warum sich andere Menschen dann „Sorgen“ um einen machen und das kommentieren müssen. Nein. In der Regel müssen sie das nur kommentieren um zu zeigen, dass ihnen was aufgefallen ist. Was Paul über Peter sagt, sagt mehr über Paul als über Peter.

Das Problem an der ganzen Geschichte ist folgendes: Menschen, die ihre eigenen Grenzen ständig überlaufen, können auch nur sehr schwer die Grenzen von anderen wahrnehmen oder dann auch akzeptieren, wenn sie gesetzt werden. Das bedeutet, wenn ich grenzenlos mit meinem Körper umgehe, erwarte ich das auch von anderen. Wenn ich grenzenlos meine privaten und sensiblen Themen nach draußen posaune, dann erwarte ich, dass andere das auch so machen müssen. Ich bin dann völlig irritiert, wenn jemand anderes plötzlich sagt: „Nein. Ich möchte darüber nicht sprechen.“ Wie? Jetzt hab dich doch nicht so, das war doch nur nett gemeint.

Ja, das Problem daran ist, auch wenn etwas nett gemeint ist, kann es auf der gegenüberliegenden Seite verletzend oder übergriffig sein. Nur weil jemand meinen inneren Vorgarten nicht mit Absicht mit einem Panzer überrollt, hat er oder sie es doch faktisch trotzdem getan. Da bringt mir der Satz: „Das war doch nicht so gemeint.“, leider herzlich wenig. Ich fühle mich trotzdem überfahren und schlucke das dann, weil ich das immer geschluckt habe, wenn andere Menschen Grenzen bei mir überschritten haben.

In diesem Artikel möchte ich zwei Dinge in den Vordergrund stellen. Erstens: Eine Sensibilität für Grenzen schaffen, sowohl für die eigenen als auch für die der anderen Menschen. Zweitens: Verdeutlichen, dass es absolut in Ordnung ist sich abzugrenzen, auch wenn das in unserer Gesellschaft immer noch nicht gern gesehen ist und dann gerne die Wörter fallen wie: „Feigling“, „schwach“, „nicht für dies und das geeignet“ oder „Sensibelchen“.

Das Haus und der Vorgarten

Stell dir vor, dein Inneres besteht aus einem Haus und einem Vorgarten mit einem Zaun. Dein Haus ist dein Körper und dein Vorgarten ist das, was wir als Energiefeld oder Aura bezeichnen und dort befinden sich auch deine Erfahrungen, deine Verhaltensmuster und deine Persönlichkeitsstruktur. Es gibt unglaublich viele Menschen, die sich überhaupt nicht gerne mit ihrem eigenen Vorgarten beschäftigen wollen, daher machen sie etwas, was viel „angenehmer“ für sie ist. Sie gehen auf die Straße und laufen zu den anderen Vorgärten rüber und spucken denen rein. Ganz besonders toll sind auch die, die einem in den Vorgarten kacken und noch ein Fähnchen drauf stecken. Das ist so das Niveau von Hate Kommentaren im Internet oder auch persönliche Beleidigungen. By the way: Lästern über eine andere Person, die nicht im Raum ist, ist ebenfalls Mobbing und in den Vorgarten kacken. Hab ich früher auch gemacht, war ja früher auch krass grenzüberschreitend, mache ich heute nicht mehr. Am Haus von anderen kann man auch einiges auszusetzen haben. Das passt farblich nicht oder die Größe passt einem nicht, da sind komische Flecken oder da müsste auch „mal wieder was gemacht werden“. Die Kommentare, die ich bereits zu meinem Körper und Aussehen bekommen habe, erspare ich mir und dir jetzt hier.

Anstatt, dass diese Menschen sich mal mit ihrem eigenen Vorgarten und ihrem eigenen Haus beschäftigen, nörgeln sie an den Häusern und Vorgärten von anderen rum. Das ist leichter. Das macht manchen sogar richtig Spaß. Es ist für diese Menschen natürlich einfacher, sich mit den „Fehlern“ und „Makeln“ von anderen zu beschäftigen, als sich mit ihren eigenen zu beschäftigen. Aber es ist auch etwas anderes, als einfach: Es ist extrem grenzüberschreitend. Kommentare zum Äußeren von anderen sind grenzüberschreitend. Kommentare zu bestimmten Handlungen oder Emotionen von anderen sind grenzüberschreitend. Kommentare zu persönlichen Entscheidungen sind grenzüberschreitend.

Meine innere Schutzpatronin, die ich mittlerweile um meinen Vorgarten patrouillieren lasse, sagt dann immer: „Mögen sich diese Menschen bitte einfach um ihren eigenen Vorgarten, ihre eigenen Tretminen und ihren eigenen Dreck kümmern.“ Mein Opa hat früher immer gesagt: „Erst mal vor der eigenen Haustüre kehren.“ Den Satz kennen ganz Viele, aber halten sich nur Wenige dran.

Seit ich das tue, seit ich mich um meinen eigenen Vorgarten, mein eigenes Haus und meinen Zaun kümmere, der ab und zu auch ’ne feste Mauer ist, seit dem überschreite ich keine Grenzen von anderen mehr. Mir ist bewusst geworden, dass das was ich früher immer habe über mich ergehen lassen, gar nicht so selten auch von mir gegen andere gerichtet war. Ich durfte also bei mir anfangen und mich um meinen „eigenen Scheiß“ kümmern, um zu verstehen, dass ich mich ständig in den „Scheiß“ von anderen eingemischt habe. Dieses Einmischen in Dinge, die mich nichts angehen oder mich auch nicht mal interessieren sollten, ist in unserer Gesellschaft fast an jeder Ecke, in jeder Kommentarspalte und in jedem Café hör- und sichtbar.

Achte mal darauf, wenn du irgendwo bist, im Zug, im Restaurant, bei einem Gespräch. Es gibt so viele Momente, in denen ich mitbekomme, wie Menschen zum Teil stundenlang über andere Menschen sprechen, aber keine Sekunde über sich selbst. Es kann sich ewig darüber ausgetauscht werden, wie Person A das gemacht und Person B darauf reagiert hat, aber keiner spricht über sich selbst und wie vielleicht die eigenen Reaktionen darauf sind oder waren. Menschen sprechen über das Aussehen von anderen Menschen, als hätten sie ein Anrecht darauf eine Meinung darüber zu haben.

Jesus, wie oft habe ich schon Fragen und Kommentare zu meinem Körper, meiner Haut, meinem Make-Up, meinem Outfit, meiner Frisur oder meiner Statur bekommen. Die einzige Person, die damit happy sein sollte, bin ich. Der Rest interessiert mich nicht mehr. Mittlerweile habe ich ein sehr gesundes Grenzsystem um mich herum aufgebaut, welches natürlich bei meinem Umfeld hier und da auf Widerstand stößt, denn das ist man nicht gewohnt.

Du darfst Grenzen setzen

Ein Learning aus dem letzten Jahr, was mich täglich begleitet und was ich mir immer wieder vor Augen führen darf ist, dass ich jederzeit Grenzen setzen darf! Körperliche Grenzen, wie zum Beispiel: „Nein, ich möchte dort nicht angefasst werden, auch wenn es nur ‚freundschaftlich‘ gemeint ist.“

Emotionale Grenzen, wie zum Beispiel: „Das hat mich verletzt. Ich weiß, du hast das nicht böse gemeint, aber dieser Satz hat weh getan.“

Energetische Grenzen, wie zum Beispiel mich von Emotionen und Energien von anderen Menschen abzugrenzen und abzuschirmen, die mir nicht gut tun.

Grenzen, wie zum Beispiel: „Ich schaffe das gerade nicht mehr, ich brauche jetzt eine Pause.“ oder „Das tut mir so nicht mehr gut, ich muss daran jetzt etwas verändern.“

All das ist völlig okay! Wenn du dich immer noch fragst, wie ich meine Neurodermitis wegbekommen habe, die nur deshalb am Start war, weil ich selbst keine Grenzen gesetzt habe, dann beantworte ich dir jetzt deine Frage mit einem Satz: Ich muss nicht mehr! Ich muss nicht mehr über meine eigenen Grenzen gehen und andere auch nicht über meinen Zaun watscheln lassen.

Ich muss niemandem gefallen, ich muss niemandem einen Gefallen tun, ich muss niemandem zu Liebe etwas tun, wenn es mich persönlich über meine Grenzen bringt, ich muss gar nichts! Ich muss mir nicht den Bullshit von anderen Menschen anhören, den sie über mich denken oder glauben oder über andere Menschen denken oder glauben. Ich muss mir nicht anhören, wie andere Menschen mein Leben führen würden. Ich muss nicht springen nur weil eine andere Person hopp ruft. Ich muss mir keine übergriffigen Kommentare und Handlungen gefallen lassen, weil ich mich sonst „anstelle“. Ich muss einen Scheiß!

Wenn andere Menschen meine Grenzen nicht akzeptieren können oder nicht damit klar kommen, dass ich welche aufziehe, ist das nicht mein Problem. Ich schütze mich, meinen Vorgarten und mein Haus. Das unsere Gesellschaft ein Riesen Thema mit Grenzüberschreitung hat, ist mir erst aufgefallen, als ich mich näher mit der Thematik auseinander gesetzt habe. Ich war ehrlich gesagt schockiert, was ich früher als völlig „normal“ empfunden habe.

Übergriffigkeit und Grenzüberschreitung ist nicht normal. Es ist übergriffig und grenzüberschreitend. Punkt. Nennen wir das Kind doch beim Namen und normalisieren es nicht, indem wir die Opfer an der Stelle zu „Schwächlingen“ und „empfindlichen Sensibelchen“ machen und die Täter verherrlichen und entschuldigen, weil Menschen halt damit rechnen müssen, dass man eine Meinung zu ihnen hat.

An dieser Stelle ein kleiner aber wichtiger Apell:

Diskriminierung ist keine Meinung!

Vielen ist leider nicht klar, wie viel Diskriminierung wir eigentlich in unserer Sprache bereits verankert haben und was alles genau dazu gehört.

Wenn du dich an das Anfangsbild erinnerst, mit dem Panzer über deinen Vorgarten: So fühlt sich Diskriminierung oder Machtmissbrauch an!

Einfach nicht tun!

Tu mir doch einen Gefallen und beschäftige dich mit deinem Vorgarten, fang an dich mit dir selbst auseinander zu setzen. Nimm diesen Blog und andere Content Crestor gern als Inspiration und Motivation. Aber beschäftige dich mit dir und deinem Haus und Vorgarten, anstatt den anderen reinzuspucken und dich zu wundern, dass das dann irgendwann zurück kommt. Das nennt sich dann Karma.

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