Was haben Erwartungsdruck und Selbstvertrauen gemeinsam? Leider in vielen Fällen nicht sonderlich viel. Dazu muss ich vielleicht ein bisschen klar machen, was ich unter diesen Begriffen verstehe.
Erwartungsdruck ist etwas, dass ich mir selbst auferlegen kann (und das in den allermeisten Fällten auch passiert) oder er von außen auf mich draufgelegt wird. Im Worst Case, kommt beides zusammen und fühlt sich dann an wie ein 2 Tonnen Steine in meinem Rucksack und ich breche zusammen. Erwartungen an meine Leistung können positive, wie auch negative Auswirkungen haben und sind erst mal nichts Schlechtes. Das Ausmaß, mit dem allerdings der Erwartungsdruck an einen gestellt wird und es in dem Fall auch um Leistungsdruck geht, ist in der Regel eher toxisch!
Selbstvertrauen wird leider oft mit Selbstsicherheit verwechselt. Das sind zwei verschiedene Bereiche. Selbstsicherheit ist im oben genannten Kontext natürlich auch nicht verkehrt. Aber was genau ist dann Selbstvertrauen, wenn es nicht beschreibt, wie sicher man mit etwas ist oder wie mutig man ist? Selbstvertrauen bedeutet für mich erst mal, dass ich mir selbst, meinem Körper und meiner inneren Stimme vertraue. Dafür muss ich denen aber erst mal zuhören. Es bringt mit nichts, wenn ich diese nervtötende innere Kritikerstimme für voll nehme und denke, das wäre meine innere Stimme. Nein. Die Stimme meine ich nicht.
Entspannt Musizieren beziehe ich übrigens nur bedingt auf den körperlichen Zustand, denn wenn ich wir da hängen wie ein Schluck Wasser und der Kurve oder wie ein Kartoffelsack, dann bekommen wir weder beim Üben, noch beim Proben oder beim Auftritt die nötige Körperspannung. Es geht mir da eher um dein Nervensystem und wie sehr wir das beruhigen können, schon im Prozess lange bevor du eine Bühne betrittst. Kennst du diese Sätze im Überaum?
„Mein Gott, wieso geht das immer noch nicht? Ich übe das jetzt schon so lange!“
„Ich muss das morgen im Unterricht abliefern, dann gibts halt heute noch mal ’ne extra Stunde!“
„Wenn ich das nicht hinbekomme, dann bin ich einfach nicht gut genug. Alle anderen schaffen das doch auch.“
„Was werden die nur von mir denken, wenn ich das so vorspiele?“
„Was mache ich eigentlich noch hier?“
Ich hätte noch mehr davon. Jede*r hätte noch mehr davon. Zu allem Übel, kommt auf diese Sätze (die, ich wiederhole mich, nicht von deiner inneren Stimme kommen) dann der innere General, Antreiber oder Bootcampleiter und haut noch mal schön oben drauf.
„Siehst du, ich wusste du schaffst das nicht. Da warst du wohl nicht fleissig genug!“
„Wenn du jetzt nicht Gas gibst, wirst du abgehängt, ist dir schon klar?“
„Ich würde mich an deiner Stelle jetzt mal fragen, ob du hierfür überhaupt geeignet bist!“
Ich wiederhole mich noch mal. Das ist nicht deine innere Stimme! Die kommt nicht aus deinem Kopf, sondern in der Regel aus deinem Bauch. Wir nennen das umgangssprachlich Bauchgefühl und ist einfach nur ein andere Bezeichnung für das, was manche Intuition oder Körpergefühl nennen. Unser Körper ist so unglaublich schlau und wir hören immer erst auf ihn, wenn er uns komplett k.o. haut. Die 180 Zeichen, die er vorher gesendet hat, ignorieren wir, denn „Ich muss abliefern“ – „Ich kann jetzt keine Pause machen“ – „Das wird von mir aber erwartet!“
Und da haben wir’s. Die Schleife kann durchbrochen werden. Ich brauche glaube nicht zu erwähnen, dass das nicht in 10 Minuten geht. Auch wenn wir in einer Gesellschaft leben, die immer alles sofort haben will und alles überall verfügbar ist. Persönliche Entwicklung geht nicht im 300 km/h Style, das könnte nach hinten los gehen.
Du fragst dich jetzt vielleicht, was diese ganze Thematik mit dem Nervensystem zu tun hat. In aller Kürze: Alle Impulse, besonders deine Bewegungen, werden durch’s Nervensystem gesteuert. Alle Emotionen werden dadurch gefeuert. Schon mal die Frage gestellt, warum wir unter großem Druck plötzlich da stehen und kein Ton mehr rausbekommen, im wahrsten Sinne des Wortes?
Fight – Flight – Freeze. Diese drei Möglichkeiten hat unser Nervensystem zu Verfügung. Wenn du dein Nervensystem schon im Überaum stresst, wie zum Henker, soll es dann auf der Bühne sein?
Entspanntes Musizieren heißt für mich mit und nicht gegen den eigenen Körper zu musizieren. Mit und nicht gegen die eigenen Bedürfnisse zu musizieren. Mit und nicht gegen unsere Emotionen zu musizieren. Dafür müssen wir aber zuerst mal unseren Körper verstehen, unsere Emotionen nicht wegdrücken, Gedanken zulassen und ergründen, ob sie die Realität widerspiegeln oder aus unseren Glaubenssätzen kommen. Dann dürfen wir uns auch mal anschauen, ob diese Erwartungen alle so berechtigt sind oder ob auch die ein bisschen zu hoch gesetzt sind.
Ich möchte es nicht mehr missen, beim Üben und in Proben entspannt zu bleiben, wenn es mal nicht so läuft wie geplant. Natürlich gelingt mir das nicht immer, aber die Tools, wie ich das zu 95% meines Arbeitsalltags halten kann, teile ich gerne mit euch…

Du möchtest mehr darüber erfahren und hast Lust da näher hinzuschauen und was für dich zu verändern? Am 20.08.22 um 11 Uhr gebe ich meine nächste Masterclass zum diesem Thema. Es wird wie immer interaktiv und informativ, du wirst danach auf jeden Fall einige Impulse für dein Üben, dein Mindset und deine Auftritte haben und dein Körper und dein Nervensystem werden es dir danken!
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