Konkurrenzdenken in der Musikbranche?

Oh, jetzt wird’s spannend. Wie sieht es eigentlich mit dem Thema Neid und Konkurrenzdenken in unserer Branche aus? Ist das ein großes Problem oder wird es nur aufgebauscht? Ist es überhaupt grundsätzlich einzuordnen oder könnte es sein, dass es sehr abhängig ist von der subjektiven Wahrnehmung von Musiker*innen? Ist es abhängig davon in welchem Teilbereich der Branche man sich rumtreibt oder welche Stilistik man als Schwerpunkt hat? 

Fragen über Fragen. Beantworten kann ich die meisten auch nicht, denn ich bin kein Guru und auch nicht allwissend. Was ich allerdings kann, ist meine persönliche Erfahrung und Einschätzung zu teilen. Ich beginne mal mit einer steilen These:

„Konkurrenzdenken ist abhängig von den Glaubenssätzen einer Person“ 

In meinen Augen hat das Konkurrenzdenken nichts mit bestimmten Berufssparten oder Stilistiken zu tun, sondern ausschließlich mit der Frage: „Vergleiche ich mich oft, mit anderen Musiker*innen oder vergleiche ich mich mit der gestrigen Version meiner selbst?“  

Konkurrenzdenken ist für mich persönlich nichts Schlimmes, es kann einen auch sehr anspornen. Wenn es aber zur Missgunst übergeht oder zur Sabotage der Kolleg*innen, dann sollte man da was einzuwenden haben. Wenn man sich den Begriff „Konkurrenz“ mal genauer anschaut, dann erhält man als Beschreibung Worte wie zum Beispiel: „Wettstreit“, „Rivalität“ oder „Wettbewerb“. Wettbewerbe kennen wir gut. Sie tauchen in unserer Branche ständig auf, schon früh im Kindes- und Jugendalter. Das geht los mit „Jugend musiziert“ (Folge Podcast) oder Vorspielen für Fördermaßnahmen an kulturellen Bildungsinstitutionen, geht dann weiter mit Aufnahmeprüfungen an Musikhochschulen und Akademien und mündet dann im Berufsalltag in Probespielen, Vorstellungsgesprächen und (inter-)nationalen Wettbewerben. 

Unsere Musikbranche ist also voll von Wettbewerben. Ist das ein Grund, warum wir das Thema Konkurrenz als ein solch Großes betrachten? Ist es so groß? Ich habe das Gefühl, es wird vor allem von außen gerne gepusht und von Menschen, die denken, dass andere Menschen unter Druck höhere Leistungen erzielen, herbeigeführt und befeuert. Das mag ja bei dem einen oder der anderen zutreffen, aber auch das sind meistens Glaubenssätze und Denkmuster, die da anspringen:

„Ich bin nur wertvoll, wenn ich Leistung erbringe“

oder

„Ich bin nur geliebt, wenn ich etwas geleistet habe“. 

Es gibt auch einen Kernglaubenssatz, der bei vielen Thema ist, die mit Konkurrenzgedanken zu kämpfen haben:

„Ich bin nicht gut genug!“

Zack! Dieser Glaubenssatz kann so viel Mist und Leid entfachen, auf so vielen unterschiedlichen Ebenen. Wenn man sich selbst als nicht gut genug erachtet, sind andere immer besser als man selbst und Neid und Eifersucht sind vorprogrammiert. Wenn du dich jetzt ertappt fühlst, weil du selbst oft negativ über andere denkst oder sogar sprichst, es anderen nicht gönnst, wenn sie Erfolg haben oder du anderen Misserfolg wünschst, dann mach dir klar: Das Problem liegt bei dir und kann nur von dir behoben werden, nicht von den anderen. 

Das ist erst mal eine harte Erkenntnis, aber wir wissen ja: „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung“.

Es ist übrigens überhaupt nicht schlimm und unnormal, dass es dir so geht. Ich würde mal ganz frech behaupten, dass ca. 95% der Menschen diesen oder einen ähnlichen Glaubenssatz in sich tragen. Wenn sie ihn aufgelöst haben, besteht die Möglichkeit mit einem völlig neuen Blick dieses Thema anzugehen. Das Vergleichen mit anderen Musiker*innen oder generell mit anderen Menschen ist Gift für unsere Seele und Gift für unser Sozialleben. Die einzige Person, mit der du dich vergleichen darfst, bist du selbst. Du selbst kannst heute eine bessere Version von dir sein als gestern und morgen eine bessere Version werden als heute. Du kannst dir alte Aufnahmen von dir anhören und feststellen: Wow, bin ich gut geworden in den letzten drei Jahren. Du kannst dir Ziele stecken und besser werden mit jedem neuen Tag. 

Was ich nicht empfehlen kann, ist sich mit der Studienkollegin oder dem Studienkollegen zu vergleichen, der Lehrerin oder dem Lehrer oder gar mit dem Star der eigenen Instrumental- oder Gesangssparte. Mit YouTube Videos oder Alben auf Spotify. Diese Menschen haben eine ganz andere Vita und einen anderen Hintergrund, wahrscheinlich auch ganz andere Talente und Schwerpunkte. So unterschiedlich und einzigartig wie wir Menschen sind, so unterschiedlich und einzigartig sind wir auch als Musiker*innen und das ist gut so! 

Wenn du es schaffen kannst den Fokus auf dich und deinen Erfolg zu lenken, dich um deine Ziele und Träume zu kümmern und jeden Tag dafür zu arbeiten, interessiert dich der Rest um dich herum überhaupt nicht mehr. Versteh mich bitte nicht falsch, es ist nach wie vor wichtig zu wissen, wo man steht und wo noch Luft nach oben ist, aber sich deshalb die Augen auszukratzen oder zu denken, man ist nicht gut genug, hat noch niemanden weitergebracht. 

Gesunde Konkurrenz bzw. ein gesunder Wettstreit zwischen Musiker*innen ist in unserer Branche wohl unumgänglich. Es ist allerdings von großer Bedeutung, wie es dir dabei mental geht und ob du dich auch als wertvoll und liebenswert erachtest, wenn du nicht den ersten Preis bei dem Wettbewerb machst, nicht das Probespiel gewinnst oder nicht den Studienplatz bekommst. Das sind nämlich keine Fakten, die beweisen, dass du nicht gut genug bist, sondern dass es jemand gab der besser war als du oder es einfach am „Vitamin-B(eziehung)“ lag. Fakt ist: Es wird immer jemanden geben, der besser ist als du – das ist aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Du kannst es als Ansporn nehmen oder du merkst, dass der oder die andere nur in einem bestimmten Bereich besser ist als du und du etwas anderes dafür viel besser kannst als sie oder er. Dann wären wir wieder bei der Einzigartigkeit eines jeden Musikers und jeder Musikerin. 

Bleib bei dir und arbeite für deine Ziele. Vergleiche dich nicht mit den anderen, sondern vergleiche dich ausschließlich mit dir selbst. Werde zur besten Version deiner selbst und scheiß einfach darauf, ob der eine die Bach Partita besser spielen kann als du. Rock die Bühne mit Stockhausen und stelle feste: das ist eh viel mehr mein Ding! Dann wird unsere Musikbranche auch bunter und interessanter, vielfältiger und individueller. 

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