Prokrastination

„Nur noch ein Video auf YouTube, dann fange ich an … “ – „Ich könnte ja noch schnell saugen, bevor ich anfange, daran zu arbeiten … “ – „Oh, ich war ja schon lange nicht mehr auf Pinterest, ich könnte mir doch mal eine neue Pinnwand erstellen zum Thema vegetarische Gerichte …“

Wir wissen, wie das endet. Du fängst nicht an.

Prokrastination ist eins der gefragtesten Themen auf meinen Social Media Kanälen und natürlich ein sehr beliebtes Thema unter „Selbstmanagement Experten“, zu denen ich mich jetzt einfach mal ganz frech zähle. Was ist Prokrastination überhaupt und wo kommt sie her? Gibt es Menschen, die eher dazu neigen, zu prokrastinieren, als andere, oder ist jeder Mensch gleich davon betroffen? Diese und weitere Fragen werde ich in diesem Artikel versuchen zu beantworten.

Wer gerne lieber hört statt liest, kann sich meine Podcastfolge zu dem Thema anhören: https://www.podcast.de/episode/578971327/Prokrastination/

Wenn du jetzt denkst: „Was zur Hölle ist Prokrastiantion?“ – habe ich eine einfache Antwort. Umgangssprachlich nennen wir es auch gerne „Aufschieberitis“ oder noch einfacher, wir schieben eine bestimmte Aufgabe vor uns her bis es zu spät ist (Worst Case). Anstatt also diesen einen Anruf zu machen, die Hausarbeit anzufangen, dieses eine Stück zu üben oder zu planen, schieben wir die Aufgabe lieber noch etwas – „Mach ich dann morgen“.

Ich unterscheide grundsätzlich noch mal in zwei verschiedene Varianten: produktive Prokrastination und unproduktive Prokrastination.

Bei der produktiven Prokrastination, verfallen wir gerne in einen Zustand, indem wir unsere To-Do-Liste von hinten abarbeiten, einen Hausputz starten oder ausmisten. Es sind plötzlich alle anderen Aufgaben viel interessanter, als diese eine, vor der wir uns drücken. Der Vorteil an der Variante ist, es passiert wenigstens etwas „Sinnvolles“, was zwar gerade nicht unbedingt Thema ist oder notwendig ist, aber die Zeit ist nicht völlig für die Katz‘. Bei der unproduktiven Variante ist unser Smartphone, Tablet oder Fernseher hoch im Kurs und wir versacken vor YouTube, Instagram, TikTok oder Netflix. Im schlimmsten Fall sogar den ganzen Tag. Da gibt es eigentlich keinen Vorteil. Wir fühlen uns danach schuldig, haben oft ein schlechtes Gewissen, vor allem, wenn die Deadline näher rückt.

Das Problem an der ganzen Geschichte ist, dass man schnell in den Glaubenssatz gerät: “ Ich arbeite halt besser unter Druck und mache deshalb immer alles auf den letzten Drücker.“ – sorry, aber das ist genauso Bullshit wie: „Ich bin nicht gut genug dafür.“

Wenn du dir diesen Satz wirklich selbst erzählst, dann habe ich jetzt eine eher schlechte Nachricht für dich. Mit „unter Druck arbeiten“ hat das Ganze nichts zu tun. Wir schieben Aufgaben vor uns her, weil wir vor irgendwas Angst haben oder auf etwas einfach gar kein Bock haben. Bleiben wir mal ehrlich an der Stelle! Mit Honig ums Maul schmieren, ist noch niemand gewachsen. Wenn du eine Aufgabe vor dir herschiebst, dann stelle dir die Frage: „Wovor habe ich Angst?“

Ist es Bewertung? Ist es Versagen? Ist es nicht zu genügen?

Wenn du herausfindest, wovor du Angst hast bei einer Aufgabe, dann kannst du mit der Angst arbeiten und dich beruhigen. Perfektion, übrigens, ist auch eine Angst! Wenn du auf eine Aufgabe schlicht und ergreifend keinen Bock hast, dann fehlt es dir an Motivation. Der Schlüssel dazu ist, finde einen Grund (auch außerhalb deiner bekannten Denkmuster), warum du diese Aufgabe erledigen solltest. Es gibt immer einen Grund, etwas zu tun oder es nicht zu tun. Wenn sich alles in dir dagegen sträubt, ist es vielleicht gerade einfach nicht das Richtige. Dann schau, ob du das noch verschieben kannst oder ob du es wirklich machen musst.

Es gibt definitiv Menschen, die eher dazu neigen, zu prokrastinieren. Ich gehöre zu den Glücklichen, die da eher selten reintappen, wenn überhaupt, dann in die produktive Variante. Ich habe zum Beispiel während der Vorbereitungsphase auf meine Klavier-Aufnahmeprüfung plötzlich nur noch Lust gehabt, Flöte zu üben und in der Vorbereitungsphase auf mein Bachelorkonzert mit der Flöte, wollte ich nur Klavier üben. Ich nenne das dann „Luxus Prokrastination“ und ich jammere da auch nicht auf hohem Niveau, ich finde es eher unterhaltsam.

Prokrastination kann allerdings zu krassem Stress führen, wenn man diese eine Sache dann doch so lange herauszögert, dass man keine Wahl mehr hat, und dann zwei Nächte durchmachen muss. Prokrastination vermeidest du also auch, wenn du einen Plan für deine Aufgabe hast und auch ausreichend Pufferzeit eingebaut hast. Ich spreche da immer von dem „14-Tage-Puffer“! Wenn die Deadline am 1.12. ist, setzt du deine Deadline am 15.11. – basta. Dann kann auch was dazwischen kommen, auch mal ein „Netflix-Chips-Couch-Tag“, der dann auch vollkommen okay ist und nichts mit Prokrastination zu tun hat. Nur weil du einen oder zwei Tage mal entspannst und mal nichts tust, redet man noch lange nicht von Prokrastination! Das wird dann gefährlich, wenn es über Tage und Wochen passiert oder eben immer wieder. Wir sind Gewohnheitstiere, auch Prokrastination kann zur Gewohnheit werden und dann solche schlauen Sätze in unserem Kopf hinterlassen, wie „unter Druck arbeite ich besser“. Was für ein Unfug.

Ja, manche Menschen werden unter leichtem Stress leitungsfähiger, aber niemand will zwei Nächte durcharbeiten, weil er oder sie vorher wochenlang die Aufgabe weggeschoben hat! Das hat nichts mit Druck zu tun, das ist schlicht ungesund. Stress, über einen kurzen Zeitraum, ist für unseren Körper kein Problem. Adrenalin und Noradrenalin verschwinden dann wieder aus unserer Blutbahn und wir entspannen uns. Wenn aber das tückische Cortisol mit um die Ecke kommt, der Stress langfristig nicht aufhört und wir uns eben nicht entspannen zwischendurch, werden wir krank. Stress machen wir uns dann natürlich auch gerne, weil wir etwas vor uns herschieben und genau wissen, es ist bald fällig. Das kriecht dann so auf unserer To-Do-Liste und in unserem Unterbewusstsein rum und macht dort Terror.

Ich hoffe ich konnte dir mit diesem Artikel ein paar Denkanstöße geben und Licht ins Dunkel bringen. Noch ein letzter Satz: Du bist nicht alleine mit diesem Problem! Ich kenne so viele Menschen, die wirklich regelmäßig mit Prokrastination kämpfen. Wenn du deine Angst vor der Aufgabe kennst und deine Motivation dafür klar definierst, kannst du aus der Spirale aussteigen.

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