
Nach einer kleinen Kreativpause, melde ich mich zurück im neuen Jahr 2020! Ich habe in den letzten Wochen immer wieder versucht einen Artikel zu schreiben und gemerkt: es geht grad einfach nicht. Dann ging direkt mein BullshitFM im Kopf los. Danke übrigens an Laura Malina Seiler für diese tolle Bezeichnung, dieser kleinen nervigen Stimme in unserem Kopf. Falls du nicht weißt wovon ich rede, stell dir doch mal die Frage, ob du gut in dem bist was du tust und warte auf eine Antwort in deinem Kopf…genau die Stimme, die dir jetzt erzählt, dass du nichts kannst, alle anderen sowieso besser sind, und es grundsätzlich keinen Sinn hat, weil du eh zu dumm dafür bist, dann bist du voll im BullshitFM – Modus angekommen.
Über genau diese Stimme schreibe ich in diesem Artikel.
Kennst du das Phänomen, wenn du am Üben bist und merkst es läuft grade richtig scheiße, dein Körper fühlt sich nicht gut an, das Geübte der letzten Tage/Wochen ist grade einfach nicht abrufbar und es bringt absolut nichts zu üben? Das Beste was du jetzt machen kannst ist aufzuhören und eine Pause zu machen. Manchmal reichen ein paar Stunden, manchmal benötigt es einen oder sogar mehrere Tage.
Aber…
…wir tun in den allermeisten Fällen nicht das Beste für unseren Körper. Denn in dem Moment wo du wahrnimmst, dass du eigentlich eine Auszeit brauchst, beginnt diese unfassbar nervtötende Stimme in deinem Kopf Dinge zu sagen wie: ‚Ja üb ruhig weniger, dann wirst du ganz bestimmt beim nächsten Konzert scheiße spielen‘ oder ‚Pause? Pausen sind was für Weicheier, Erfolg muss man sich hart erarbeiten‘ oder ‚Wenn du jetzt nicht an der Stelle weiterübst, hast du nicht mehr genug Zeit bis zum Konzert‘ oder ‚War ja klar, dass du lieber faul auf der Couch chillen möchtest, als zu üben‘ oder ‚So wirst du nie besser als der/die andere…‘
Das ist doch echt faszinierend, wenn man mal drüber nachdenkt oder? Unser Körper gibt uns ein Warnsignal, wie Kopfschmerzen, Verspannungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder Müdigkeit, was natürlich zu einer höheren Fehlerquote führt und uns es fast unmöglich macht effektiv neue Bewegungsmuster einzuüben. Und trotzdem quatscht uns da so eine kleine Rumpelstielzchen-artige Stimme rein, warum es jetzt besser wäre einfach weiterzumachen und durchzuziehen. Wenn der Körper gegen den Geist kämpft, gewinnt leider eher der Geist, weil wir uns auf unser Bauchgefühl und unsere Wahrnehmung nicht so verlassen, wie auf diese Stimme.
Weißt du woher diese Stimme die Informationen bezieht? Nicht aus deinem Nervensystem und auch nicht aus deinem rationalen Verstand. Denn wenn wir uns diese Situation mal mit rationalem Verstand anschauen, sieht es doch eigentlich so aus, dass wir wissen, wie wichtig eine Pause ist. In den Pausen und besonders im Schlaf gelingt es unserem Gehirn erst, alles neu Gelernte zu speichern und zu verarbeiten. Wir wissen das. Und trotzdem sagt man uns im Studium man müsse x-viele Stunden üben, damit man dies und jenes Ziel erreicht. Dabei vergessen wir, dass die Zeit die wir alleine im Überaum verbringen und aktiv üben, nicht die einzige Form des Übens ist. Oder besser gesagt, zählt man zu den x-Stunden auch die Verarbeitungszeit?
Man kann auch Üben in dem man mental übt, anderen Instrumentalisten zuhört, Kammermusik macht und das zu übende Werk analysiert. Wenn wir uns das mal hochrechnen, dann muss man absolut keine 6 Stunden alleine im Überaum verbingen, bis zur völligen körperlichen Erschöpfung.
Diese Stimme, bezieht ihr Wissen und ihre Informationen aus deinem Unterbewusstsein. Da schleichen Glaubenssätze rum, oder bestimmte Denkmuster, die wir aus Erfahrungen von früher eingeschliffen haben. Da sitzen natürlich auch unsere Gewohnheiten drin. Und eins musst du über diese Stimme auch noch wissen:
Sie will dir nichts böses, im Gegenteil, sie will dich schützen. Nur leider tut sie das meistens nicht, sondern macht alles nur noch schwerer für uns. Wie du diese Glaubenssätze ausfindig machen kannst und auflöst, werde ich hier nicht aufschreiben, dazu kommt noch ein anderer Artikel.
Aber was auf jeden Fall hilft, ist sich klar zu machen, dass du nicht alleine mit dem Problem bist und du wirklich nie gegen deinen Körper arbeiten solltest. Er rächt sich! Wenn man über eine Ermüdungserscheinung in der Hand hinweg übt, kann das zu einer wirklich schweren Verletzung werden. Wenn du immer bis zur völligen Erschöpfung übst und dir nicht ausreichend Regenerationszeit gönnst, ist das purer Stress für deinen Körper. Ein mit Cortisol vollgepumpter Körper kann nicht leistungsstark üben und musizieren. Du darfst nie vergessen, dass wir Hochleistungssport betreiben. Feinmotorischer Hochleistungssport. Die Denkleistung, sowie die motorische Leistung, welche wir beim Instrumentalspiel und beim Singen benötigen, kostet unglaublich viel Energie! Wir haben nicht unendlich viel davon und leider können wir uns nicht einfach an einer Steckdose wieder aufladen!
Wenn du also das nächste Mal im Überaum stehst und dich überreden möchtest, über so eine unproduktive und unnötige Übeeinheit hinweg weiter zu machen bzw. deinen Körper zu peitschen und zu sagen „Da musst du jetzt durch“…Denk an meinen Lieblingssatz: ‚Ich muss einen Scheiß!‘
Geh ein Kaffee trinken, mach Sport oder eine Runde Yoga, geh spazieren, schau Netflix, mach mal wieder was kreatives, was du schon ewig nicht mehr gemacht hast, räum mal die Wohnung auf oder chill dich einfach an deinen Lieblingsort und lass währenddessen deine Neuronen im Gehirn ihre Arbeit machen. Und danke deinem Gehirn mal, dass es so unfassbar geniale Dinge überhaupt lernen kann und während du schon bei einer anderen Tätigkeit bist, im Hintergrund noch für dich weiter übt!
Wenn du jetzt Lust bekommen hast zu Üben, freut mich das natürlich auch, aber noch mehr freut es mich wenn ich dich vielleicht davon abhalten kann eine Übeeinheit anzufangen, die du auch gleich bleiben lassen kannst, weil es verpulverte Zeit und Energie ist.
Frohes Chillen! 🙂